Muttermilch schützt vor Darmentzündung
Aus der Forschung
Oligosaccharide in der Muttermilch schützen Säuglinge vor Viren und Bakterien. Forschende der UZH konnten ein spezifisches Milch-Oligosaccharid identifizieren, das die Stärke einer Darmentzündung beeinflusst. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die Ergänzung von künstlicher Säuglingsmilch mit diesen komplexen Zuckermolekülen.
Die Muttermilch ist eine reiche Nahrungsquelle und enthält viele Schutzfaktoren für den Säugling. Zum Beispiel die komplexen Zuckermoleküle, auch Oligosaccharide genannt, die mit 5-10 Gramm pro Liter einen wichtigen Bestandteil der Muttermilch darstellen. Oligosaccharide werden im Darm nicht verdaut und dienen somit nicht als Energiequelle. Sie schützen Säuglinge gegen Bakterien und virale Infektionen und begünstigen die Entwicklung der Darmflora mit nützlichen Bakterien.
Die strukturelle Komplexität der Milch-Oligosaccharide – sie kommen in hunderten Varianten vor – erschwert es, die funktionelle Rolle einzelner Oligosacchariden einzuordnen. Im Gegensatz zur Muttermilch enthält Mausmilch weniger Oligosaccharide, was eine systematische Untersuchung dieser Moleküle ermöglicht.
Ein Forscherteam am Physiologischen Institut der Universität Zürich unter der Leitung von Prof. Thierry Hennet hat nun Mäuse mit Defekten in spezifischen Milch-Oligosacchariden untersucht. „Wir konnten erstmals zeigen, dass einzelne Milch-Oligosaccharide die Stärke einer Darmentzündung beeinflussen“, sagt Prof. Hennet. Die Studie, die im „Journal of Experimental Medicine“ erscheint, dokumentiert den Einfluss des Milch-Oligosaccharids „α2,3-Sialyllactose“ auf die Kolonisierung des Darms durch bestimmte Bakterienfamilien und deren Wirkung auf entzündliche Reaktionen.
Das Oligosaccharid «α2,3-Sialyllactose» wirkt auf die Darmflora selektiv, da das ähnliche Oligosac-charid «α2,6-Sialyllactose» das Wachstum der Bakterien nicht beeinflusst und dementsprechend auch die Stärke der entzündlichen Reaktionen nicht. Im Moment werden die Rollen von weiteren Oligosacchariden in Mausmodellen untersucht, um die funktionelle Bedeutung dieser Molekülklasse grundlegend zu erforschen.
Der direkte Zusammenhang zwischen spezifischen Milch-Oligosacchariden und der Zusammensetzung der Darmflora eröffnet neue Perspektiven für die Ergänzung von Muttermilchersatz mit Oligosacchariden. In den letzten Jahren wurde auf beeindruckende Weise gezeigt, welchen Einfluss die Darmflora auf Immunreaktionen und Energiestoffwechsel hat. In Anbetracht der Tatsache, dass wir mehr Bakterien im Darm als Zellen in unserem Körper haben, scheint die zentrale Bedeutung dieser Darmbakterien auf unsere Physiologie selbstverständlich.
Aus der Forschung: A. Fuhrer et al.: Journal of Experimental Medicine, DOI: 10.1084/jem.20101098