Zöliakie und Schwangerschaft
Beeinflusst eine Gluten-Unverträglichkeit den Verlauf einer Schwangerschaft und die Entwicklung des Babys?
Was ist Zöliakie?
Die Zöliakie, die bei Erwachsenen auch Sprue genannt wird, ist eine Dünndarmerkrankung. Die betroffenen Personen leiden an einer teilweise erblich bedingten Unverträglichkeit des Klebereiweisses (Gluten) verschiedener Getreidesorten. Auslöser ist nicht das gesamte Getreide, sondern nur bestimmte Stoffe, die bei der Verdauung freigesetzt werden. Im Weizen und Roggen ist dies z.B. der Stoff "Gliadin". Aufgrund der charakteristischen Rückbildung der Darmzotten (Ausstülpungen der Dünndarmschleimhaut) wird die Nahrung schlechter verdaut und wichtige Nährstoffe unzureichend aufgenommen. Als Folge besteht ein erhöhtes Risiko für Tumoren und Lymphknotenvergrösserungen.
Die Krankheit tritt gehäuft zusammen mit anderen Erkrankungen auf, wie z.B. Typ-1-Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen, Down-Syndrom, Autoimmunerkrankungen. Oft ist die Glutenunverträglichkeit mit einer Laktoseintoleranz kombiniert, diese verschwindet jedoch bei glutenfreier Kost wieder völlig.
Welche Symptome hat man bei einer Zöliakie?
Die Beschwerden sind vielfältig, je nach Alter und Fortschritt der Erkrankung. Bei vielen Personen wird die Diagnose daher erst nach einem langen, oft Jahre dauernden Leidensweg gestellt. In Europa ist etwa 1 % der Bevölkerung von Zöliakie betroffen. Die Dunkelziffer ist nach Expertenschätzungen hoch. Oft bestehen nur leichte, unspezifische Symptome und die Krankheit wird nie oder erst in späten Jahren diagnostiziert. Im Vordergrund stehen Magen-Darm-Symptome (Erbrechen, Durchfall, Blähungen, fettiger Stuhlgang, Krämpfe), dadurch Gewichtsabnahme und letztlich durch die mangelhafte Aufnahme von Mineralstoffen und Vitaminen, chronische Infekte, Blutarmut, Ödeme (Wassereinlagerungen), Nachtblindheit und vieles andere.
Wie verläuft eine Schwangerschaft mit Zöliakie?
Frauen mit einer Zöliakie, die noch nicht diagnostiziert wurde und deshalb auch nicht durch eine spezielle glutenfreie Diät behandelt wird, werden seltener schwanger und erleiden häufiger Fehlgeburten. Ausserdem werden die Babys mehr als doppelt so häufig wie der Durchschnitt mit geringem beziehungsweise sehr geringem Körpergewicht geboren.
Dagegen ist der Schwangerschaftsverlauf praktisch wie bei einer gesunden Frau, wenn die Zöliakie mindestens ein Jahr, besser noch zwei Jahre vor der Schwangerschaft diagnostiziert wurde und die Diät strikt eingehalten wird. Denn in diesem Zeitraum klingt die Entzündung der Darmschleimhaut für gewöhnlich ab, wodurch auch die Ernährungsdefizite behoben werden.
Welche Untersuchungen führen zur Diagnose?
Wenn der Verdacht auf Zöliakie/Sprue besteht, wird normalerweise mindestens ein Bluttest gemacht. Dabei wird das Serum auf Antikörper untersucht. Endgültige Sicherheit kann allerdings nur die Dünndarmbiopsie bringen. Sie wird vor dem Beginn einer glutenfreien Diät durchgeführt. Dabei wird mit einer Sonde ein winziges Gewebsstück aus dem Dünndarm entnommen und unter dem Mikroskop untersucht. Wenn Sie meinen, Sie könnten an Zöliakie leiden, wenden Sie sich unbedingt an einen Facharzt. Halten Sie nur dann eine glutenfreie Diät ein, wenn die Krankheit bei Ihnen eindeutig diagnostiziert wurde!
Wie sieht die Ernährung bei Zöliakie aus?
Durch eine konsequente und lebenslange Diät können sich die Dünndarmzotten wieder regenerieren. Für die Betroffenen ist dann ein Leben ohne Beschwerden möglich. Bereits geringste Mengen an Gluten können allerdings wieder zu Symptomen und zu einer Zerstörung der Zotten führen.
Bei einer glutenfreien Diät zur Behandlung einer Zöliakie müssen folgende Getreidesorten und Produkte daraus gemieden werden: Weizen, Roggen, Hafer, Gerste, Dinkel, Grünkern, Einkorn, Emmer, Urkorn, Kamut, Bulgur, Couscous, Triticale, Wildreis (weil botanisch mit Hafer verwandt, Wildreis ist kein echter Reis!).
Getreideprodukte sind aber nicht nur in Teigwaren, Brot und Kuchen, Müsli etc. enthalten. Getreidespuren gibt es auch in panierten Speisen, manchen Wurstsorten, Milchprodukten mit Getreidezusätzen (z.B. Joghurt mit Müsliflocken), Käsefondue, fettreduzierten Milchprodukten, Käsezubereitungen, Roquefort (die in den Käse eingespritzten Schimmelpilzkulturen wurden zuvor auf Brot gezüchtet), vielen Fertigprodukten, Cremen und Saucen, Desserts, manchen Essigsorten, Frühstücksgetränken, Bier, Malzbier, Malzkaffee, Ovomaltine, aromatisierten Tees. Vorsicht ist immer geboten, wenn auf dem Etikett steht: Aromen, Backtriebmittel, Farbstoffe, Gewürzzubereitungen, Hartweizen, Malz, modifizierte Stärke, Paniermehl, Pflanzeneiweiss, Semmelmehl, Stärke, Verdickungsmittel, "Vitalkleber", Graupen, Grieß, Flocken, Kleie, Schrot, Weizenprotein (-eiweiss/-kleber).
Alle anderen Getreide- bzw. Pseudogetreidesorten als die oben genannten können von Betroffenen ohne Probleme gegessen werden, z.B. Mais, Reis, Hirse, Amaranth, Quinoa, Buchweizen. Auch alle von Natur aus glutenfreien Lebensmittel werden vertragen, wie Kartoffeln, Obst, Gemüse, Salate, Hülsenfrüchte, Fleisch, Fisch, Eier, Milch, Soja, Öle, Nüsse, Samen, Zucker, Salz. Das Angebot an glutenfreien Spezialprodukten ist in den letzten Jahren gewachsen und erleichtert den Einkauf für Betroffene. Die Produkte können am Symbol der durchgestrichenen Weizenähre erkannt werden. Wichtig ist, dass die glutenfreie Kost strikt und lebenslang eingehalten wird.
Das grösste Problem stellt jedoch die Verunreinigung (Kontamination) von glutenfreien Lebensmitteln dar. Das kann am Getreidefeld beginnen (Mischkulturen), während des Transportes von Getreide (ein Container für unterschiedliche Getreidesorten) und auch in der Industriemühle, in Abfüllanlagen und Produktionsgeräten geschehen.