Scheinschwangerschaft

Eine Scheinschwangerschaft kann täuschend echte Schwangerschaftsbeschwerden bewirken

Ultraschalluntersuchung
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Die Scheinschwangerschaft (Fachbegriffe: Pseudogravidität, Pseudocyesis, Graviditas imaginata, Graviditas nervosa, früher auch als "Wunschneurose mit schwangerschaftsähnlichen Symptomen" bezeichnet) ist ein altes Phänomen und wird auch bei Tieren beobachtet (z. B. Rinder, Nagetiere, häufig auch bei Hunden). Sie gehört zu den spektakulärsten Formen psychischer Störungen und kann sogar hormonelle Funktionsveränderungen und täuschend echte Schwangerschaftsbeschwerden bewirken.

Die Symptome einer Scheinschwangerschaft


Dabei zeigen sich Symptome und Zeichen einer echten Schwangerschaft. So bleibt mitunter die Monatsblutung aus, es kommt zu Übelkeit, v.a. am Morgen, Appetitveränderung, Brustvergrösserung (sogar mit Milcheinschuss), ja sogar zu Schein-Wehen und imaginären Kindsbewegungen. Der wachsende Bauchumfang ist möglich durch das Auftreiben des Bauches durch Blähungen, durch Fetteinlagerung, aber auch durch krankhafte Veränderungen, nämlich durch Aszites (Ansammlung von Flüssigkeit in der freien Bauchhöhle: Bauchwassersucht) oder durch Fibrome (gutartige Geschwülste aus gefässreichem Bindegewebe). Charakteristisch ist dabei jedoch, dass der Bauchnabel nicht verstreicht, wie das bei der echten Schwangerschaft der Fall ist.

Ultraschall klärt auf


Heute ist dieses Phänomen durch die modernen diagnostischen Möglichkeiten, v.a. durch die Ultraschalluntersuchung, rasch als rein seelisch bedingt erkennbar.

Psychotherapeutische Hilfe


Fragen muss man sich jedoch, was den ausgeprägten Schwangerschaftswunsch (= abnorm überhöhter und unerfüllter Kinderwunsch) oder - ganz im Gegensatz dazu - die übertriebene Angst vor einer Schwangerschaft ausgelöst hat. Deshalb müssen die betroffenen Frauen in der Regel psychotherapeutisch behandelt werden. Es gilt herauszufinden, was sich hinter diesem Wunsch verbirgt, der bis in die hormonellen Strukturen eines Körpers einzugreifen vermochte.

Die "simulierte Schwangerschaft"


Nicht jede „falsche“ Schwangerschaft ist eine wirkliche Scheinschwangerschaft. Unterscheiden muss man zusätzlich den Schwangerschaftswahn und die – aus welchen Gründen auch immer - simulierte Schwangerschaft:

  • Ein Schwangerschaftswahn tritt am häufigsten bei einer schizophrenen Psychose auf. Ein Wahn ist die krankhaft entstandene Fehlbeurteilung der Realität. An dieser Fehlbeurteilung wird mit hoher Gewissheit und unkorrigierbar festgehalten. Meist finden sich keine körperlichen Zeichen einer Schwangerschaft, wie sie bei einer richtigen Schwangerschaft sowie Scheinschwangerschaft festgestellt werden können. Oft leiden die Betroffenen auch an Halluzinationen, also Sinnestäuschungen oder Trugwahrnehmungen. Die Therapie erfolgt hauptsächlich mit antipsychotisch wirkenden Psychopharmaka (Neuroleptika).

  • Bei einer simulierten Schwangerschaft handelt es sich um eine vorgetäuschte Schwangerschaft aus verschiedenen Gründen: zwischenmenschlich (z. B. Partnerschaft), gesellschaftlich, beruflich, aus Gewinnsucht oder rechtlichen Gründen, um z. B. einer Strafe zu entgehen. Simulierte Schwangerschaften sind heute eher selten, da die modernen diagnostischen Methoden eine rasche Klärung ermöglichen und jedermann rasch Verdacht schöpfen müsste, wenn solche Untersuchungen aus den erwähnten Gründen abgelehnt werden.

Scheinschwangerschaft als Therapie


Eine Sonderform der Scheinschwangerschaft sieht man bei der Pseudograviditätskur. Darunter versteht man die medizinische Behandlung mit hochdosierten Schwangerschaftshormonen (Östrogen und Gestagen), wodurch Schwangerschaftssymptome künstlich herbeigeführt werden, um das Wachstum der Gebärmutter für kurze Zeit anzuregen.

Letzte Aktualisierung: 17.08.2022, BH