Stammzellenspende aus dem Nabelschnurblut

Was Stammzellen sind, wie sie gewonnen werden und wofür sie eingesetzt werden können.

Neugeborenes mit der Nabelschnur
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Nach der Geburt und der Durchtrennung der Nabelschnur können aus der Nabelschnur wertvolle Blutstammzellen gewonnen werden.

Was sind Stammzellen?


Stammzellen sind sozusagen Nachfahren der Zellen, die sich aus der befruchteten Eizelle durch Teilung gebildet haben. Es handelt sich um Zellen, die noch keiner bestimmten Funktion im Körper zugeordnet sind. Sie sind charakterisiert durch die Möglichkeit, sich selbst zu erneuern (zu teilen) und sich in verschiedene Zell- und Gewebearten zu entwickeln. Aus den frühesten Stammzellen können sich also noch Zellen für verschiede Organe entwickeln. Zum Beispiel für Muskeln, Nerven, die Lungen oder das Blut.

Stammzellen befinden sich im Knochenmark, in geringen Mengen im Blut und nach der Geburt in der Nabelschnur und der Plazenta. Es handelt sich dabei um blutbildende Stammzellen, welche das blutbildende System und das Immunabwehrsystem bilden können. Zudem kommen – in grosser Zahl insbesondere im Nabelschnurgewebe – auch Gewebestammzellen vor. 

Grundsätzlich haben Stammzellen aus dem Nabelschnurblut den Vorteil, dass sie noch "jung" sind und ein hohes Potenzial zur Vermehrung und Differenzierung haben. Zudem rufen sie nach der Transplantation weniger Abstossungsreaktionen hervor.

Stammzellen zur Behandlung von Krankheiten


Eine Stammzellentherapie kann in verschiedenen Bereichen der Medizin angewandt werden, wo neue und gesunde Zellen benötigt werden. Bekannt ist sie vor allem bei Leukämie. Von dieser Krankheit ist das blutbildende System betroffen und die weissen Blutkörperchen vermehren sich krankhaft. Durch eine Chemotherapie werden zuerst die bösartigen weissen Blutzellen zerstört, bevor das Blutsystem danach mit Stammzellen wieder hergestellt wird. Diese Therapie ist für den Körper äusserst belastend, denn mit der Zerstörung der weissen Blutkörperchen wird das Immunsystem enorm geschwächt.

Die für die Therapie benötigten Stammzellen stammen entweder aus dem eigenen Körper (erst nach vorangegangener Chemotherapie möglich) oder es handelt sich um gespendete Stammzellen. Bei gespendeten Zellen gilt dasselbe wie bei einer Organspende: Die Stammzellen müssen mit dem Empfänger kompatibel sein, sonst könnten sie abgestossen werden. Bei fast der Hälfte der Patienten, die eine Stammzelltransplantation brauchen, findet sich kein geeigneter, kompatibler Spender.


In der Schweiz haben zwischen 2009 und 2022 64 Patienten eine Stammzellen-Transplantation aus Nabelschnurblut erhalten. Die Heilungschancen sind abhängig von der Krankheit und liegen insgesamt etwa bei 50 Prozent.  

Wertvolle Stammzellen aus dem Nabelschnurblut


Das Nabelschnurblut enthält besonders viele Stammzellen, aus denen sich verschiedenen Arten von Blutzellen und Abwehrzellen des Immunsystems entwickeln. Im Gegensatz zu Stammzellen aus dem Knochenmark oder dem Blut sind sie bei der Geburt nach Abnabelung des Kindes einfach und ohne Risiko für Mutter und Kind zu gewinnen. Sie können tiefgefroren und über Jahre in Flüssigstickstoff gelagert werden und sind bei Bedarf rasch verfügbar. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie sich sehr schnell vermehren und kaum Abwehrreaktionen verursachen.

Im Nabelschnurblut sind nur eine begrenzte Anzahl Stammzellen vorhanden. Aus diesem Grund werden diese in den meisten Fällen Kindern und seltener Erwachsenen transplantiert.

So wird eine Nabelschnurblut-Spende durchgeführt


Die Nabelschnurblut-Spende ist für Mutter und Kind völlig schmerzfrei und risikolos. Nach der Geburt des Kindes bleibt eine gewisse Menge kindliches Blut in der Plazenta und in der Nabelschnur zurück. Dieses Restblut wird direkt nach der Abnabelung des Kindes von einer Fachperson unter sterilen Bedingungen entnommen. Anschliessend wird es unter strengen Qualitätsrichtlinien und Einhaltung der Vorgaben des Transplantationsgesetzes in die Nabelschnurblutbank gebracht und tiefgekühlt eingelagert.

Die frischgebackenen Eltern bekommen von der Entnahme des Nabelschnurblutes nicht viel mit.

Wann sollte auf eine Nabelschnurblut-Spende verzichtet werden?


In folgenden Fällen darf oder sollte das Nabelschnurblut nicht gespendet werden:

  • Bei Frühgeburten

  • Bei Komplikationen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt

  • Bei Suchterkrankungen der Mutter

  • Bei bekannten schweren Erbkrankheiten in der Familie

  • Bei bestimmten Infektionskrankheiten der Mutter oder des Vaters

Entnahme von Nabelschnurstammzellen – Für wen?


Wenn Eltern über die Einlagerung von Nabelschnurblut nachdenken, müssen sie entscheiden, ob sie es für einen geeigneten Empfänger zur Verfügung stellen oder für das Kind respektive für die eigene Familie aufbewahren möchten. Erkrankt das Kind später im Leben tatsächlich an einer Krankheit, die mit einer Stammzelltransplantation behandelt werden kann, würde es unter Umständen die eingelagerten Stammzellen bekommen, womit Abstossungsreaktionen von vorneherein ausgeschlossen wären. 

Es ist aber auch möglich, die Nabelschnurstammzellen bei anderen Familienmitgleidern – Geschwister und Eltern – einzusetzen. Für diese besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich die Zellen des Kindes mit ihren Zellen vertragen.

Je nachdem, wofür sich die Eltern entscheiden, werden die Stammzellen nach der Entnahme gelagert:

  • In den öffentlichen Nabelschnurblutbanken der Schweiz werden nur Stammzellen aufbewahrt, die für eine Spende zur Verfügung gestellt werden. Ausnahme: wenn für ein erkranktes Familienmitglied eine Stammzelltransplantation in Betracht kommt.

  • Werden die Stammzellen für das eigene Kind beziehungsweise die eigene Familie aufbewahrt, muss dies über eine private Nabelschnurblutbank geschehen. Die Kosten dafür müssen die Eltern ebenfalls selber tragen.

  • Eine dritte – neue – Möglichkeit besteht in der sogenannten hybriden Nabelschnurblut-Einlagerung. Dabei werden die Stammzellen für das Kind respektive für die Familie eingelagert, gleichzeitig aber im öffentlichen Stammzellspenderegister aufgeführt und können von den Eltern bei Bedarf für einen Patienten weltweit freigegeben werden.

Letzte Aktualisierung: 30.10.2024, JL, BH, AS