ADHS bei Kindern

Was ist eine Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung und welche Symptome und Begleiterscheinungen machen sich im Alltag bemerkbar?

Junge macht Grimasse in der Schule

Fachleute gehen davon aus, dass in einer Schulklasse von 20 Kindern durchschnittlich ein Kind mit ADHS sitzt. Damit ist die Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung wohl die am häufigsten diagnostizierte Entwicklungsstörung im Kindesalter. 

Was ist ADHS?


Die Abkürzung ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung. Dabei handelt es sich um eine neurologische Entwicklungsstörung, die dazu führt, dass eine betroffene Person Schwierigkeiten hat, die auf sie einströmenden Reize zu filtern, Probleme zu lösen, Abläufe zu planen und ihre Impulse unter Kontrolle zu halten. ADHS ist durch drei Kernsymptome gekennzeichnet:

  • Hyperaktivität

  • Unaufmerksamkeit

  • Impulsivität

Die drei Kernsymptome können unterschiedlich ausgeprägt sein, weshalb nach drei Typen unterschieden wird.

Beim unaufmerksamen Typ steht die Unaufmerksamkeit im Vordergrund. Aufgrund der fehlenden Hyperaktivität wird für diesen die Abkürzung ADS verwendet. Die Betroffenen sind ruhig, verträumt und sehr leicht ablenkbar. Da sie nicht durch Impulsivität und einen hohen Bewegungsdrang auffallen, sind sie leicht zu übersehen. 

Beim hyperaktiv-impulsiven Typ stehen der Bewegungsdrang und die Impulsivität im Vordergrund. Betroffene reden zum Beispiel ungefragt drein, handeln, ohne vorher nachzudenken und können kaum stillsitzen.

Am häufigsten ist der kombinierte Typ oder Mischtypus, bei dem Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit und Impulsivität in Kombination auftreten. 

ADHS bedeutet nicht, dass eine Intelligenzminderung vorliegt. Die betroffenen Kinder sind oftmals gleich intelligent wie ihre Altersgenossen, können jedoch aufgrund ihrer Beeinträchtigung in der Schule nicht die erwarteten Leistungen erbringen. 

Wodurch wird ADHS verursacht?


Es gibt Hinweise darauf, dass ADHS durch ein Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn verursacht wird. Die neurobiologischen Ursachen sind noch nicht im Detail erforscht. Man geht aber davon aus, dass die Weiterleitung von Informationen und Reizen durch die Botenstoffe Dopamin, Noradrenalin und Serotonin beeinträchtigt ist. ADHS ist vermutlich genetisch bedingt und tritt innerhalb einer Familie oftmals bei mehreren Mitgliedern auf. 

Risikofaktoren wie z. B. Alkohol- und Drogenkonsum sowie Rauchen oder Infektionen während der Schwangerschaft, Geburtskomplikationen, eine zu frühe Geburt oder ein niedriges Geburtsgewicht scheinen das Risiko für ADHS zu erhöhen. Wie gross dieser Einfluss ist, ist jedoch nicht geklärt, denn längst nicht bei allen Kindern mit diesen Risikofaktoren tritt tatsächlich ADHS auf. 

Wie stark ein Kind durch seine ADHS-Symptome beeinträchtigt wird, hängt auch vom familiären und schulischen Umfeld ab. Zwar sind sich Fachleute einig, dass ADHS keine Folge von falscher Erziehung ist. Ein Kind, das in einem Umfeld aufwächst, das geprägt ist durch Instabilität und finanzielle Schwierigkeiten, erhält jedoch nicht in jedem Fall die Unterstützung, die es braucht. Dies kann zu einer Verstärkung der ADHS-Symptomatik beitragen. 

Häufige Fragen zum Thema

Der Zusammenhang zwischen ADHS und Ernährung ist längstens nicht abschliessend erforscht und oftmals widersprechen sich die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien. Zusammenfassend lässt sich gemäss dem aktuellen Wissensstand sagen: Die Umstellung auf eine gesunde Ernährung alleine reicht nicht aus, …

Wie verbreitet ist ADHS?


Fachleute gehen davon aus, dass etwa fünf Prozent der Kinder von ADHS betroffen sind. Gemäss Angaben der ADHS-Organisation elpos leben in der Schweiz rund 200'000 Personen mit ADHS. 

Jungen werden häufiger diagnostiziert als Mädchen. Dies liegt vermutlich zum einen daran, dass Jungen häufiger dem hyperaktiv-impulsiven Typ oder dem kombinierten Typ zuzuordnen sind und deshalb z. B. im Schulalltag durch ihr Verhalten stärker auffallen. Die weiterhin vorhandenen Unterschiede in der Erziehung von Jungen und Mädchen sowie genetische Ursachen werden als weitere Gründe in Betracht gezogen. 

Während früher davon ausgegangen wurde, dass sich ADHS mit dem Erwachsenwerden auswächst, ist heute bekannt, dass auch Erwachsene weiterhin betroffen sein können. Die Symptome verändern sich jedoch im Laufe der Jahre. So fallen beispielsweise Erwachsene oftmals nicht mehr durch einen ausgeprägten Bewegungsdrang auf. Sie verspüren eher eine innere Unruhe, haben einen grossen Rededrang oder trommeln häufig mit den Fingern. 

Welche Merkmale sprechen für ADHS?


Je nach ADHS-Typ sind die Merkmale, die sich im Alltag zeigen, unterschiedlich. Häufig sind die folgenden Auffälligkeiten aus den Bereichen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität:

Unaufmerksamkeit:

  • Das Kind achtet häufig nicht auf Details oder macht Flüchtigkeitsfehler.

  • Es hat oft Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten.

  • Es scheint häufig nicht zuzuhören, wenn es direkt angesprochen wird.

  • Es befolgt Anweisungen oft nicht und kann Arbeiten oder Aufgaben nicht zu Ende bringen.

  • Es hat oft Mühe, Aufgaben zu organisieren.

  • Es hat eine Abneigung gegen Aufgaben, die länger dauernde geistige Anstrengung erfordern.

  • Es verliert oft Gegenstände, die für Aktivitäten benötigt werden, z. B. Schulmaterial, Bücher, Schlüssel etc.

  • Es lässt sich häufig durch äussere Reize ablenken.

  • Es ist bei Alltagsaktivitäten oft vergesslich.

Hyperaktivität

  • Das Kind zappelt oft mit den Händen oder Füssen oder rutscht auf dem Stuhl herum.

  • Es steht in Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird, oft auf.

  • Es läuft häufig herum oder klettert in Situationen, in denen dies nicht angebracht ist.

  • Es hat oftmals Mühe, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen.

  • Es ist oft "auf dem Sprung" und wirkt "wie von einem Motor angetrieben". 

  • Es spricht oft übermässig viel.

Impulsivität

  • Das Kind platzt häufig mit einer Antwort heraus, bevor eine Frage zu Ende gestellt worden ist.

  • Es hat oft Mühe, zu warten, bis es an der Reihe ist.

  • Es unterbricht andere häufig oder stört, indem es sich in Gespräche oder Spiele einmischt.

Obschon die Auffälligkeiten bereits im Vorschulalter auftreten können, machen sie sich oft erst beim Schuleintritt so richtig bemerkbar. Denn jetzt wird von den Kindern verlangt, dass sie eine gewisse Zeit stillsitzen und konzentriert arbeiten können. 

Welche Stärken haben Kinder mit ADHS?


Betroffene Kinder haben nicht nur Herausforderungen, sondern auch besondere Stärken. Viele sind zum Beispiel neugierig und offen gegenüber Neuem, haben zahlreiche Einfälle und sind kreativ. Wenn sie sich für eine Sache interessieren, können sie hyperfokussiert daran arbeiten und sich stundenlang konzentrieren. Sie sind bereit, Risiken einzugehen und können zudem sehr eigenständig sein. 

Welche Begleiterscheinungen können auftreten?


Kinder mit ADHS haben oftmals mit weiteren Herausforderungen zu kämpfen. So sind zum Beispiel mangelhafte Schulleistungen nicht immer nur auf die Unaufmerksamkeit zurückzuführen. Teilleistungsstörungen wie Lese- Rechtschreibstörungen oder Dyskalkulie, die oft im Zusammenhang mit ADHS auftreten, können den Schulerfolg ebenfalls beeinträchtigen. Auch Ticstörungen sind bei ADHS-Betroffenen vergleichsweise häufig. 

Betroffene Kinder zeigen oft ein oppositionelles und aggressives Verhalten. Dies führt einerseits zu häufigen Konflikten innerhalb der Familie und in der Schule, andererseits auch zu sozialen Problemen mit Gleichaltrigen. 

Die Ablehnung durch andere und die Schwierigkeiten in der Schule haben vielfach auch emotionale Auswirkungen. Betroffene Kinder entwickeln ein negatives Selbstwertgefühl, trauen sich wenig zu und entwickeln möglicherweise Ängste oder Depressionen. 

Bei Jugendlichen kann ADHS zu risikoreichem Verhalten führen. Insbesondere bei unerkannter und unbehandelter ADHS können auch Suchtprobleme hinzukommen. 

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