ADHS: Diagnose und Behandlung

Warum eine sorgfältige Abklärung wichtig ist und welche Behandlungsmöglichkeiten es für ADHS gibt.

Kinderpsychologin befragt Kind mithilfe eines Fragebogens
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Bei Verdacht auf ADHS ist eine gründliche Abklärung ebenso wichtig wie das Finden einer passenden Behandlung für das Kind. Im Zentrum sollte dabei stets die Frage stehen, wie dem Kind am besten geholfen werden kann, damit es trotz ADHS sein Potential ausschöpfen kann. 

Wie wird ADHS diagnostiziert?


ADHS ist nicht leicht zu diagnostizieren, denn es gibt keine körperlichen Untersuchungen, anhand derer sich die Störung feststellen lässt. Auch gibt es nicht den einen Test, der zweifelsfrei belegt, dass ein Kind ADHS hat. Eine sorgfältige Abklärung durch Fachpersonen ist deshalb zentral. 

Die Abklärung umfasst meistens eingehende Gespräche mit den Eltern, den Eltern und dem Kind und je nach Alter auch mit dem Kind alleine. Dabei werden Informationen über die bisherige Lebensgeschichte, das Verhalten im Alltag, das familiäre und soziale Umfeld etc. eingeholt. Oft werden dabei Fragebögen eingesetzt, die von Eltern, Lehrpersonen und je nach Alter auch vom Kind ausgefüllt werden. Damit sich die Fachperson ein Bild vom Verhalten des Kindes machen kann, sind zudem Unterrichtsbesuche möglich. 

Testpsychologische Untersuchungen sind ebenfalls Teil der Abklärung. Dies einerseits zur Feststellung von Stärken und Leistungsproblemen. Andererseits auch zur Abklärung, ob Begleitstörungen wie z. B. eine Lese-Rechtschreibstörung oder eine Dyskalkulie vorliegen

Damit eine Diagnose gestellt werden kann, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Ein Teil der Symptome ist bereits vor dem vollendeten siebten Lebensjahr aufgetreten.

  • Die Symptome bestehen seit mindestens sechs Monaten und sind dem Entwicklungsstand des Kindes nicht angemessen.

  • Die Symptome sind ausgeprägter als bei Kindern gleichen Alters.

  • Die Symptome führen in mindestens zwei Lebensbereichen zu Beeinträchtigungen, z. B. in der Schule und zu Hause.

  • Die Symptome lassen sich nicht durch eine andere körperliche Erkrankung oder eine psychische Störung erklären. 

Wie wird ADHS behandelt?


Die Behandlung von ADHS richtet sich danach, wie stark die Beeinträchtigung ist. Sehr wichtig ist, dass das Kind Strukturen vermittelt bekommt und lernt, Strategien zu entwickeln, die ihm helfen, den Alltag zu bewältigen. Dazu kann ein Coaching hilfreich sein. Dieses umfasst oftmals auch die Beratung der Eltern. 

Für die Bewältigung der Herausforderungen in der Familie, in der Schule und im Umgang mit Gleichaltrigen ist ein Verhaltenstraining sinnvoll. Bei Kindern, die aufgrund ihrer Erfahrungen mit ADHS ein schlechtes Selbstwertgefühl entwickelt haben oder die unter Depressionen leiden, ist eine Psychotherapie hilfreich. 

Ein weiteres Therapieangebot ist das Neurofeedback. Dieses computergestützte Training macht die Hirnaktivität auf einem Bildschirm sichtbar. Das Training besteht darin, die Hirnaktivität zu beeinflussen und zu steuern und dadurch die Konzentration zu verbessern. Die Wirksamkeit von Neurofeedback bei ADHS ist bislang nicht wissenschaftlich bewiesen. Manche Betroffene scheinen davon jedoch zu profitieren. 

Neben den aufgeführten Therapiemöglichkeiten ist Sport insbesondere für Kinder mit Hyperaktivität eine gute Möglichkeit, um dem ausgeprägten Bewegungsdrang nachzugehen, Spannungen abzubauen und die Aufmerksamkeit zu steigern. Bei nachgewiesenen Teilleistungsstörungen, die begleitend zur ADHS auftreten, ist zudem eine gezielte Förderung wichtig. 

Medikamentöse Therapie


Medikamente kommen dann zum Einsatz, wenn der Leidensdruck gross ist und das Kind sich nicht auf Therapieangebote einlassen kann. In manchen Fällen ermöglicht erst die Einnahme des Medikaments, dass Erziehungsmassnahmen oder eine Verhaltenstherapie wirksam werden können. Auch wenn andere Behandlungsansätze nicht die gewünschte Wirkung gezeigt haben, wird eine medikamentöse Therapie in Betracht gezogen. Weil bei Kindern unter sechs Jahren bisher nur geringe Erfahrung vorliegen, wird eine ADHS im Kindergartenalter nur in besonders begründeten Fällen medikamentös behandelt.

Die Psychostimulanzien, die häufig verschrieben werden, sind keine Beruhigungsmittel. Dennoch beruhigen und dämpfen sie den Bewegungsdrang des betroffenen Kindes so weit, dass die Konzentrationsfähigkeit verbessert wird. Sie bewirken keine Charakterveränderungen und lassen auch positive Eigenschaften wie z. B. die Kreativität nicht verschwinden.

Die Medikamentenmenge sowie deren Wirkdauer sind von Kind zu Kind sehr unterschiedlich und müssen individuell herausgefunden werden. In der mehrwöchigen Einstellphase der Behandlung sind Rückmeldungen bezüglich der Wirkung durch die Kinder selbst, die Lehrerpersonen und die Eltern überaus wichtig. Da nicht alle Kinder gleich gut auf die Medikamente ansprechen, muss zuweilen auch erst das richtige Präparat gefunden werden.

Ärztliche Kontrolle ist während der gesamten Dauer der Medikamenteneinnahme unverzichtbar. Bei Psychostimulanzien wie Ritalin® ist wichtig, dass Gewicht, Wachstum, Puls und Blutdruck regelmässig überprüft werden. Dies, weil diese Medikamente Appetit- und Schlafstörungen auslösen können, eine leichte Erhöhung von Puls und Blutdruck verursachen und in seltenen Fällen das Längenwachstum beeinträchtigen können. 

Häufige Fragen zum Thema

Der Zusammenhang zwischen ADHS und Ernährung ist längstens nicht abschliessend erforscht und oftmals widersprechen sich die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien. Zusammenfassend lässt sich gemäss dem aktuellen Wissensstand sagen: Die Umstellung auf eine gesunde Ernährung alleine reicht nicht aus, …

Warum sind Diagnose und Behandlung wichtig?


Wenn der Verdacht aufkommt, dass ein Kind ADHS haben könnte, machen sich Eltern oftmals Sorgen, mit einer Diagnose würde ihm ein Stempel aufgedrückt. Das Problem ist jedoch, dass es diesen auch aufgedrückt bekommt, wenn es seine Sachen vergisst, die Hausaufgaben unvollständig erledigt oder nicht stillsitzen kann. Es gilt dann einfach als das Kind, das den Unterricht stört und sich zu wenig anstrengt. 

Bei der Frage, ob Sie Ihr Kind abklären lassen oder nicht, sollte deshalb immer entscheidend sein, wie gross der Leidensdruck ist. Es kann für ein Kind sehr schmerzhaft sein, wenn alle seine Anstrengungen ins Leere laufen und es nie den Anforderungen genügen kann, die es erfüllen möchte. Zu wissen, dass es einen Grund gibt für seine Probleme und dass man ihm helfen kann, ist in vielen Fällen eine grosse Erleichterung. 

Für Sie als Eltern ist es ebenfalls hilfreich, zu wissen, dass nicht eine "falsche" Erziehung für die vielen Reibereien im Alltag verantwortlich ist. Lehrpersonen und Klassenkameraden zeigen oft mehr Verständnis für ein Kind, wenn sie wissen, dass es seine Sachen nicht aus Gleichgültigkeit vergisst und nicht herumrennt, um andere zu stören. Bei ausgeprägter ADHS ist eine Diagnose zudem wichtig, damit das Kind einen Nachteilsausgleich bekommt. 

Auch bei der Frage, welche Behandlung angezeigt ist, sollte der Leitgedanke sein, wie Sie Ihrem Kind das Leben mit ADHS erleichtern können und wie Sie es dabei unterstützen können, sein Potential zu entwickeln. Ohne Unterstützung und Therapie kann sich die Situation für das Kind unter Umständen immer mehr verschlechtern. 

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Letzte Aktualisierung: 19.02.2025, TV/BH