Herzerkrankung und Schwangerschaft
Aus der Forschung
Während einer Schwangerschaft sollte bei Kurzatmigkeit und Brustschmerzen nicht nur an die „anderen Umstände“ als Ursache gedacht werden, es sollten auch medizinische Gründe für diese Beschwerden ausgeschlossen werden. Mit zunehmendem Alter der Gebärenden wird häufiger ein erhöhter Blutdruck, ein Diabetes mellitus oder ein erhöhtes Körpergewicht beobachtet. Vorbestehende Herzerkrankungen werden bei 0,9% der Schwangeren vermutet.
Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie hat zu diesem Zweck über vier Jahre Daten von 1321 herzkranken Schwangeren aus 28 Ländern gesammelt und ausgewertet. Zwei Drittel der Frauen hatten eine angeborene Herzkrankheit und ein Viertel eine krankhafte Veränderung der Herzklappen; 7% litten unter einer Herzmuskelschwäche und 2% unter einer Durchblutungsstörung des Herzens. Unter der Geburt starb insgesamt ein Prozent der 1321 Frauen, wobei ein grosser Unterschied zwischen den entwickelten (0,6%) und den unterentwickelten (3,9%) Ländern bestand (zum Vergleich: In der normalen Bevölkerung ist die geburtshilfliche Sterblichkeit 0,007%).
Damit stellt eine bestehende Herzkrankheit, vor allem eine Herzmuskelerkrankung, ein bedeutend höheres Geburtsrisiko dar als z.B. das Auftreten einer tiefen Venenthrombose oder einer starken Blutung.
Die europäische Forschergruppe betont, dass eine detaillierte medizinische Abklärung vor oder früh während der Schwangerschaft die Komplikationsrate deutlich senken kann. Selbst ein Herzinfarkt in der 32. Schwangerschaftswoche konnte erfolgreich mit einer Erweiterung der Herzkranzarterie und Einpflanzung eines Stents behandelt werden. Die nachfolgende Geburt wurde schonend durch geschicktes Management der Blutverdünnung unter einer Periduralanästhesie durchgeführt. Dies erfordert natürlich eine enge Kooperation zwischen Geburtshelfer, Kardiologen und Anästhesisten.
Das Fazit ist, dass vor oder früh während der Schwangerschaft eine medizinische Untersuchung zum Ausschluss einer Herzerkrankung durchgeführt werden sollte. Wird eine Erkrankung gefunden, kann durch eine kluge interdisziplinäre Zusammenarbeit das Risiko deutlich gesenkt werden.
Aus der Forschung: Roos-Hesselink, J.W. et al.: Eur Heart J 2012 Sept 11 (Epub ahead of print). Bauer, M. et al.: Anesth Analg 2012; 115:613-5