Du wirst daheim gebären, oder?
Kugelbauch-Kolumne Woche 13
„Du bist doch Hebamme. Dann willst du sicher zu Hause gebären“, bekomme ich immer wieder zu hören. Darauf folgt mal ein schräger, mal ein erwartungsvoller Blick. Tatsächlich würde ich vielleicht, eventuell, unter Umständen eine Hausgeburt in Erwägung ziehen. Stelle ich mir wirklich entspannt und wunderschön vor.
Der werdende Papa hingegen findet es beim ersten Kind keine gute Idee.
Und ich kann ihn verstehen. Selbst wenn ich es nicht könnte, möchte ich keinesfalls einen Geburtsort wählen, an welchem sich der werdende Papa nicht gut aufgehoben fühlt. Ich stelle mir nämlich vor, wie ich in den Wehen liege. Ich stelle mir diesen Moment vor, der wohl bei der Mehrzahl aller Geburten früher oder später kommt. Dieser „Ich-will-nicht-mehr"-Moment. Oder wohl eher „Ich-KANN-nicht-mehr"-Moment.
In diesem Moment, so stelle ich mir vor, suche ich nach etwas, das mir Kraft gibt. Nach etwas, was mich daran glauben lässt, dass ich es schaffen werde. Ich stelle mir vor, wie ich ins Gesicht meines Mannes schaue und sein Blick mir sagt: „Ich hab ja gesagt, dass eine Hausgeburt keine gute Idee sei!“
Nein danke! Das fühlt sich schon in der Vorstellung grausam an.
Ich weiss schon, dass der Blick meines Mannes mir wohl nicht die pure Sicherheit und beflügelnde Leichtigkeit schenken wird. Aber zumindest ein: „Ich bin voll und ganz bei dir und steh dir zur Seite, komme, was wolle!“ möchte ich in Papas Augen lesen können. Zur Erleichterung oder eben zur Enttäuschung all der Fragenden muss ich also sagen: "Ich kann mir keine Hausgeburt wünschen, wenn nicht WIR uns eine Hausgeburt wünschen."
Ich weiss noch nicht, wo ich unser Kind zur Welt bringen möchte. Ich weiss nur, dass ich es lieber nicht in einem Bus, im Aufzug des Krankenhauses oder mit Hilfe eines Feuerwehrmannes gebären möchte. Also kann ich mich vorerst nur glücklich schätzen, dass mein Leben keine TV-Serie ist.
Giulietta Martin ist Hebamme, Mama von drei kleinen Kindern und lebt im Berner Oberland. Unter mama.kritzelei veröffentlicht sie auf Instagram regelmässig humorvolle Szenen aus dem Familienalltag.