Coronavirus und Schwangerschaft
Wie sind die bisherigen Erfahrungen hier und weltweit? Besteht für Schwangere und das Ungeborene eine grössere Gefahr während dieser Pandemie?
Beim neuartigen Coronavirus gab es bisher keine Anzeichen für ein erhöhtes Infektionsrisiko bei schwangeren Frauen. Die neuste Studienlage zeigt jedoch, dass ein schwerer Krankheitsverlauf wahrscheinlicher ist gegenüber nicht Schwangeren. Die Gefahr einer Frühgeburt ist zudem erhöht. Das BAG, zusammen mit verschiedenen Fachgesellschaften, hat deshalb Schwangere als Risikogruppe eingestuft.
- Sind Schwangere durch das neuartige Coronavirus besonders gefährdet?
- Sollte man jetzt besser nicht schwanger werden?
- Wie sieht die Schwangerschaftsbetreuung jetzt aus?
- Wann sollten sich Schwangere testen lassen?
- Wie kann ich mich und mein ungeborenes Baby schützen?
- Darf ich mich gegen COVID-19 impfen lassen?
- Kann das Ungeborene im Mutterleib geschädigt werden?
- Ist eine vorgeburtliche Ansteckung möglich (vertikale Übertragung)?
- Stimmt es, dass es häufiger Frühgeburten gibt?
- Was tun nach Kontakt mit Infizierten?
- Was mache ich, wenn es mir in der häuslichen Quarantäne plötzlich schlecht geht?
- Gebären in Zeiten der Coronavirus-Pandemie
- Darf ich mein Baby stillen?
- Und wie ist die Situation für Schwangere am Arbeitsplatz?
Sind Schwangere durch das neuartige Coronavirus besonders gefährdet?
Ja, Fachleute zählen werdende Mütter zur Risikogruppe. Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass Schwangere mit Covid-19 im Vergleich zu nichtschwangeren Gleichaltrigen schwerere Krankheitsverläufe haben können. Dies gilt v.a. für das letzte Drittel der Schwangerschaft. Schwangere mit einer COVID-19-Infektion müssen häufiger auf einer Intensivstation behandelt und beatmet werden - besonders, wenn weitere Risikofaktoren (Übergewicht, Diabetes, Alter > 35 Jahre) vorliegen. Die Sterberate von Schwangeren mit Covid-19 sei um den Faktor 26 höher. Das Risiko ist besonders hoch, wenn bereits vor der Schwangerschaft eine Herz- oder Lungenerkrankung besteht. Die Gefahr einer Frühgeburt ist zudem um 80 % erhöht, die Rate der Totgeburten verdoppelt.
Bereits bei einer asymptomatischen SARS-CoV-2-Infektion haben Schwangere ein über 80 % erhöhtes Risiko für eine Präeklampsie, warnen die Fachgesellschaften. Bei schweren Verläufen steige das Risiko auf über das Vierfache an. Und das Risiko für eine Thrombose oder Embolie, das bei Schwangeren ohnehin erhöht ist, steigt noch einmal um den Faktor 4,5.
Als Gründe werden von den Fachleuten drei Faktoren diskutiert: Eine erhöhte Empfindlichkeit auf Sauerstoffmangel, eine gesteigerte Blutgerinnung und Thrombosegefahr und eine ungünstige Veränderung der Immunfunktion.
Die Auswirkungen des Virus auf Plazenta und Fetus sind nach wie vor nicht hinreichend bekannt, insbesondere bei Infektionen im 1. und 2. Trimester der Schwangerschaft.
Sollte man jetzt besser nicht schwanger werden?
Viele Paare mit Kinderwunsch fragen sich zurzeit, ob sie diesen nicht aufschieben sollten. Dazu besteht derzeit kein Grund (Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG und der Europäischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin und Embryologie ESHRE).
Frauen mit Kinderwunsch können gegen COVID-19 geimpft werden. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die COVID-19-Impfung einen negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben könnte. Eine Corona-Impfung vermindert dagegen mögliche Risiken in einer Schwangerschaft.
Die Kinderwunschbehandlung sollte dann erst einige Tage nach der 2. Impfung (egal ob bei Mann oder Frau) beginnen, um Impfreaktionen abzuwarten. Wird versehentlich in der Frühschwangerschaft geimpft, wird trotzdem die zweite Dosis verabreicht. Eine COVID-19-Impfung unmittelbar vor bzw. während einer Frühschwangerschaft stellt jedenfalls keinen Grund für einen Schwangerschaftsabbruch dar.
Wie sieht die Schwangerschaftsbetreuung jetzt aus?
Sämtliche Kontroll- und Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft sind notwendig und müssen von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, Ihrer Hebamme oder der Frauenklinik durchgeführt werden. Die Betreuung während der Schwangerschaft und der Entbindung erfolgt durch die vorgesehenen und von der Schwangeren gewünschten Institutionen je nach ihrem Gesundheitszustand.
Wenn Sie hingegen COVID-19-Symptome aufweisen und zu einem Kontrolltermin während der Schwangerschaft angemeldet sind, müssen Sie dies vorgängig melden, um den Termin wenn möglich zu verschieben. Ausserhalb der geplanten Untersuchungstermine sollten Sie bei jeder Unsicherheit oder einem ungewöhnlichen Symptom Ihren Arzt bzw. Ihre Ärztin, Ihre Hebamme oder die Frauenklinik verständigen.
Wann sollten sich Schwangere testen lassen?
Ein Test auf eine Sars-CoV-2 Infektion bei Schwangeren (Nasen-Rachen-Abstrich) ist nur dann berechtigt, wenn die typischen Symptome einer Infektion bestehen - neu auch ohne begleitendes Fieber. Schwangere ohne Symptome können getestet werden, wenn der Kantonsarzt dies für sinnvoll hält, wenn z.B. Kontakt mit Infizierten bestanden hat.
Sie müssen Ihren Arzt bzw. Ihre Ärztin oder das nächstgelegene Spital anrufen. Dort werden Sie dann an die Stelle verwiesen, die den Test ausführt.
Wie kann ich mich und mein ungeborenes Baby schützen?
Eine akute Erkrankung (insbesondere auch starker Husten oder Fieber) kann immer ungünstige Auswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf haben, weshalb Schwangere als Risikogruppe eingestuft wurden. Deshalb sollte eine schwangere Frau sich mit den zur Verfügung stehenden Massnahmen vor einer Infektion schützen.
Lassen Sie sich im zweiten oder dritten Trimenon mit einem mRNA-Impfstoff impfen
Reduzieren Sie Ihre sozialen Kontakte und bleiben Sie, wenn möglich, daheim.
Arbeiten Sie, wenn möglich, im Homeoffice.
Halten Sie Abstand zu anderen Menschen, v.a. zu Personen mit Erkältungs- oder Grippesymptomen – auch zu Familienmitgliedern.
Waschen Sie sich häufig und gründlich die Hände mit Seife.
Benutzen Sie ein eigenes Handtuch.
Wenn Sie Symptome haben und noch nicht wissen, ob Sie infiziert sind: Routinemässige Kontrolltermine in der Frauenarztpraxis oder bei Ihrer Hebamme können meist zeitlich etwas hinausgezögert werden - ohne Schaden für Sie oder Ihr Kind.
Idealerweise sind Schwangere auch gegen Influenza (Virusgrippe) geimpft. Die Grippeimpfung schützt zwar nicht vor COVID-19, aber so können Schwangere nicht zeitgleich an beiden Infektionen erkranken. Ungeimpfte Schwangere sollten sich auch jetzt noch impfen lassen.
Darf ich mich gegen COVID-19 impfen lassen?
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG), die Eidgenössischen Impfkommission (Efik) und die Schweizerische Gynäkologengesellschaft (SGGG) waren lange Zeit etwas zurückhaltend und haben die Coronaimpfung nur Schwangeren mit Vorerkrankungen oder in speziellen Risikosituationen empfohlen. Seit dem 24. August 2021 wird sie auch Schwangeren ohne Vorerkrankungen oder besondere Risiken ausdrücklich empfohlen - allerdings erst im zweiten oder dritten Schwangerschaftstrimenon und nur mit einem mRNA-Impfstoff.
Kann das Ungeborene im Mutterleib geschädigt werden?
Da es sich um ein sehr neues Virus handelt, fangen wir gerade erst an, etwas darüber zu lernen. Beruhigend ist diese - vorläufige - Meinung der Experten: Bei der Virusfamilie, zu der das Coronavirus gehört, ist nicht mit einer vorgeburtlichen Schädigung bzw. angeborenen Fehlbildungen zu rechnen. Bislang gibt es auch keine Hinweise darauf, dass Schwangere mit COVID-19 häufiger Fehlgeburten erleiden.
Allerdings sind alle bisher untersuchten Frauen im dritten Trimester an Covid-19 erkrankt. Bislang gibt es noch nicht ausreichend Daten über schwangere Frauen, die im ersten Schwangerschaftsdrittel erkrankt sind - in der Zeit, in der der Embryo am empfindlichsten auf schädigende Einflüsse reagiert.
In Fruchtwasserproben wurde das Sars-CoV-2-Virus noch nicht nachgewiesen.
Ist eine vorgeburtliche Ansteckung möglich (vertikale Übertragung)?
Es gibt inzwischen mehrere Studien zu dieser Fragestellung, die stark darauf hindeuten, dass eine vorgeburtliche Ansteckung möglich ist:
Eine Studie an infizierten Müttern aus Wuhan zeigte, dass drei von 33 Neugeborenen positiv auf das Virus getestet wurden, sodass eine Übertragung im Mutterleib nicht grundsätzlich auszuschliessen ist.
Eine weitere chinesische Studie hatte unter allen rund 81.000 Infektionen, die bis Mitte März in China gemeldet wurden, vier infizierte Neugeborene ausfindig gemacht. Die Babys zeigten nur leichte Symptome, bei denen keine Intensivpflege oder künstliche Beatmung erforderlich war. Die Mütter waren ebenfalls infiziert, drei davon zeigten unmittelbar vor der Geburt Symptome von Covid-19. Alle Kinder kamen per Kaiserschnitt zur Welt, sie konnten sich also nicht während einer Vaginalgeburt bei der Mutter angesteckt haben. Drei der Babys wurden direkt nach der Geburt von ihren infizierten Müttern getrennt und auch nicht gestillt, sondern isoliert. Zudem waren die Zeitspannen zwischen Geburt und Infektionsnachweis sehr kurz. Die Ansteckung dieser Babys während der Schwangerschaft gilt als sehr wahrscheinlich.
In Frankreich wurde im Juli erstmals konkret die Übertragung des Virus von einer schwangeren Frau über die Plazenta auf ihr ungeborenes Kind nachgewiesen. Das Baby sei bei der Geburt im März erkrankt gewesen sei - mit Hirnschwellungen und neurologischen Symptomen, wie sie bei Erwachsenen mit Covid-19 auftreten.
Eine im November 2020 veröffentlichte Studie der US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) fand Neugeborene mit Infektionen sehr selten (in 2,6%) und auch nur, wenn die Mutter bei der Geburt aktiv mit SARS-CoV-2 infiziert war. Bei einem früheren Infektionsbeginn der Mutter gab es keine einzige perinatale Übertragung.
Stimmt es, dass es häufiger Frühgeburten gibt?
Bei Schwangeren, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, kam es etwas häufiger zu Frühgeburten (12,3% zu 10,2%). Eine US-amerikanische Studie liefert erste Hinweise darauf, dass das Coronavirus die Blutversorgung der Plazenta beeinträchtigen könnte. Der Mutterkuchen zeigte häufig abnorme Blutgefässe sowie Blutgerinsel. Bereits vor einiger Zeit wurde aus der Forschung gemeldet, dass das Coronavirus Blut zu "verdicken" scheint. Unter den infizierten Männern und Frauen gibt es auffallend viele Thrombosen sowie Lungenembolien.
Was tun nach Kontakt mit Infizierten?
Auch wenn Sie keine Symptome haben: Kontaktieren Sie – telefonisch! – eine Ärztin, einen Arzt oder eine Gesundheitseinrichtung (zum Beispiel ein Spital). Dort wird man darüber entscheiden, ob ein Test, d.h. ein Abstrich aus dem Mund- und Rachenbereich sinnvoll ist.
Was mache ich, wenn es mir in der häuslichen Quarantäne plötzlich schlecht geht?
Wenden Sie sich telefonisch an Ihre Frauenärztin oder Ihren Frauenarzt, wenn Sie sich plötzlich unwohl fühlen oder Wehen bekommen. Ausserhalb der Sprechzeiten informieren Sie Ihre Geburtsklinik. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, Sie stationär aufzunehmen. Nutzen Sie dann ein privates Fahrzeug oder einen Krankentransport und nicht den ÖV.
Gebären in Zeiten der Coronavirus-Pandemie
Aber wie ist die Situation für Schwangere, die in den nächsten Tagen und Wochen ihr Baby zur Welt bringen? Werdende Eltern stellen sich jetzt viele Fragen...
Darf ich mein Baby stillen?
Mütter mit Covid-19 in der Schwangerschaft können bedenkenlos stillen. Das Stillen kann sogar die Immunabwehr des Neugeborenen stärken. Muttermilch enthält Antikörper gegen Covid-19, wenn die werdende Mutter sich in der späten Schwangerschaft infiziert hatte, und regt auch die Immunabwehr des Babys an. Darüber hinaus geben Forscher Entwarnung: Die Erkrankung selbst wird durch Muttermilch eindeutig nicht übertragen.
Beim Stillen wird infizierten Müttern jedoch ein Mundschutz empfohlen.
Und wie ist die Situation für Schwangere am Arbeitsplatz?
Der Arbeitgeber ist für die Gewährleistung der Sicherheit der schwangeren Arbeitnehmerin verantwortlich. Wo es möglich ist, wird das Arbeiten im Homeoffice empfohlen. Die allgemeinen mutterschutzrechtlichen Bestimmungen (einschliesslich der Mutterschutzverordnung) bieten einen besonderen Schutzrahmen für Schwangere. Der behandelnde Arzt / die behandelnde Ärztin überwacht die Wirksamkeit der Schutzmassnahmen und beurteilt, ob eine "Vermutung einer Gefährdung im Sinne der Mutterschutzverordnung" eine "Beschränkung der Zuweisung zu den jeweiligen Tätigkeiten" (Untauglichkeitsbescheinigung) rechtfertigt.