Esstempo geht auf die Hüften
Aus der Forschung
Menschen mit Übergewicht fühlen sich bereits satt, wenn Normalgewichtige noch munter weiter essen. Trotzdem nehmen sie zu, weil sie schneller essen und pro Minute deutlich mehr Kalorien konsumieren als Normalgewichtige.
Seit 1980 hat sich die Zahl der Übergewichtigen weltweit verdoppelt. Doch nicht nur was wir essen, beeinflusst unser Gewicht. Auch die Ess-Geschwindigkeit spielt eine Rolle. Das konnte eine Forschungsgruppe um Professor Christoph Beglinger vom Universitätsspital Basel zeigen, indem sie das Völlegefühl bei Normal- und Übergewichtigen verglich. Die Wissenschaftler kommen in der vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Studie zu dem Schluss, dass Übergewichtige schneller essen: Sie brauchen weniger Zeit als Normalgewichtige, um sich satt zu fühlen, nehmen aber trotz der kürzeren Zeitspanne, die sie für die Nahrungsaufnahme aufwenden, mehr Kalorien zu sich.
Das Team um Beglinger hat zwanzig Normal- und zwanzig Übergewichtige gebeten, morgens auf nüchternen Magen ein Ernährungsgetränk zu sich zu nehmen. Die Probanden durften so viel und so schnell trinken, wie sie wollten, und kreuzten alle drei Minuten an, wie satt sie sich fühlten. Im Schnitt gaben Übergewichtige schon nach zehn Minuten an, satt zu sein, fast vier Minuten früher als Normalgewichtige. Doch in diesen zehn Minuten konsumierten sie durchschnittlich ungefähr 85 statt wie die Normalgewichtigen nur etwa 50 Kilokalorien pro Minute. So nahmen sie trotz der kürzeren Zeitspanne der Nahrungsaufnahme etwa 140 Kilokalorien mehr zu sich, bevor sich ihr Völlegefühl meldete.
„Schon 100 tägliche Kilokalorien über der empfohlenen Menge können zur Gewichtszunahme führen“, schreiben die Forscher in ihrer Studie. „Deshalb ist das hohe Esstempo ein Faktor, der möglicherweise zum Übergewicht beiträgt.“ Im Umkehrschluss sei es denkbar, dass langsameres Essen nicht nur gesund sei, sondern auch beim Abnehmen helfen könnte.
Aus der Forschung: A.C. Meyer-Gerspach et al.: Physiology & Behavior online, doi: 10.1016/j.physbeh.2014.02.043; 2014