Lippenherpes in der Schwangerschaft

Für die schmerzenden Fieberbläschen an den Lippen können Schwangere durch das herabgesetzte Immunsystem etwas anfälliger sein. Ist solch eine Herpesinfektion gefährlich?

Lippen einer Frau mit Herpesbläschen
©
iStock

Was man gemeinhin als „Herpes“ bezeichnet, wird vom Herpes-simplex-Virus ausgelöst. 

Zwei verschiedene Typen des Herpes-simplex-Virus 


Der erste Typ (HSV Typ 1) verursacht schmerzhafte Bläschen („Fieberbläschen“) am Mund und wird über den Bläscheninhalt und Speichel übertragen.

Der zweite Typ (HSV Typ 2) wird über die Schleimhäute (Mund und Geschlechtsorgane) übertragen, ist damit also eine (nicht meldepflichtige) sexuell übertragbare Krankheit. 

Eine Infektion mit HSV Typ 1 schützt zu einem gewissen Grad vor einer Ansteckung mit dem HSV Typ 2.

Erstansteckung und Re-Infektion mit Lippenherpes


Der erste Herpes-Typ (HSV Typ 1 oder Herpes labialis = Lippenherpes) äussert sich durch schmerzhafte Bläschen („Fieberbläschen“, "Fieberblattern") am Mund und wird über den Bläscheninhalt und Speichel übertragen. Die Herpes-Viren sind hochinfektiös. Enger Hautkontakt, Küssen, Schmusen, gemeinsames Verwenden eines Glases oder Löffels oder Benutzen derselben Zahnbürste und Tröpfcheninfektion (z.B. beim Niesen) führen mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Ansteckung.

Sobald die Viren in die Zellen der Haut und Schleimhaut eingedrungen sind, vermehren sie sich stark; dabei entwickeln sich kleine Bläschen, die jucken und schmerzen. Die Bläschenflüssigkeit enthält wiederum eine hohe Konzentration von Viren, die weiter übertragen werden können. Besonders ansteckend ist Herpes, wenn die mit Flüssigkeit gefüllten Bläschen gerade aufplatzen. Nach der akuten Phase trocknen die Bläschen ein und heilen innerhalb von einigen Tagen ab, jedoch bleiben die Viren unbemerkt im Körper. Die meisten Menschen haben sich schon in der Kindheit angesteckt und sind Träger dieses Herpes-simplex-Virus, wissen es jedoch nicht.

Faktoren wie Sonnenbaden, Stress, Monatsblutungen und Verletzungen können die Abwehrkräfte des Körpers vermindern, das Virus wieder aktivieren und zu erneuten Symptomen, den Bläschen, führen. Auch in der Schwangerschaft kommt es zu einer Schwächung der körpereigenen Abwehr! Ein neues Fieberbläschen kündigt sich vier bis zwölf Stunden vor dem Auftreten durch starkes Kribbeln und ein Spannungsgefühl an den Lippen an.

Risiko für Schwangere und ihr ungeborenes Kind?


Für Schwangerschaftsverlauf und Geburt hat der Lippenherpes praktisch keine Bedeutung. Eine Ansteckung des ungeborenen Kindes mit Herpes labialis ist ausgeschlossen. Allerdings ist gute Sexualhygiene (d.h. kein Oralsex) wichtig, damit die Viren nicht auf den Genitalbereich übertragen werden und das Neugeborene auf dem Geburtsweg anstecken.

Nach der Geburt ist noch mehr Vorsicht angebracht: Hat die Mutter (oder eine andere enge Kontaktperson) des Neugeborenen gerade einen frischen Schub von Lippenbläschen, muss ein Mundschutz getragen und auf konsequente Händedesinfektion geachtet werden - vor allem nach dem Auftragen von Salbe auf die Bläschen. Richtig gefährlich werden kann der Lippenherpes für Kinder mit Neurodermitis oder einem geschwächten Immunsystem.

Wie wird Lippenherpes behandelt?


Ein Heilmittel gegen Lippen-Herpes gibt es leider noch nicht, auch wenn daran geforscht wird. Alle Hausmittel und Medikamente können nur die Dauer des Ausbruchs verkürzen. Ganz verhindern lässt sich ein Herpes-Bläschen nicht. Eine Behandlung ist umso erfolgreicher, je früher sie beginnt. Grundsätzlich gilt immer: So wenig wie möglich mit den Fingern an die brennende Stelle kommen. Beim Abheilen, das sich mitunter bis zu zwei Wochen hinzieht, hält ein Pflegebalsam mit Dexpanthenol die Lippen geschmeidig.

Medikamentös kommen vor allem zwei Wirkstoffe zum Einsatz: Acyclovir und Penciclovir. Die Substanzen hemmen die Vermehrung der Viren. Das bedeutet, dass sie nur wirksam sind, wenn sie früh im Erkrankungsverlauf zum Einsatz kommen. Diese Lippensalbe ist auch in der Schwangerschaft unbedenklich. Tragen Sie Gel und Creme immer nur punktuell mit einem Wattestäbchen auf die betroffene Stelle auf. Auf gar keinen Fall die Bläschen aufkratzen oder daran herumdrücken!

Weitere, mehr oder weniger erfolgreiche Behandlungsmethoden:

  • Klassische Hausmittel sind Extrakte aus Aloe Vera, Knoblauch, schwarzer Tee, Ingwer, Salbei, Rhabarberwurzel und Zink. Dabei kommt es aber stark darauf an, wann sie zum Einsatz kommen. Wirksam sind sie nur zu Beginn des Herpesausbruchs, im Bläschenstadium können sie nicht mehr helfen. Dafür werden sie aber meist gut vertragen.

  • Seit Jahrhunderten gilt die Zitronenmelisse als ein wertvolles Hausmittel, Herpes eingeschlossen. Tatsächlich ist sie eines der wenigen Hausmittel, bei dem bisher in Studien eine Wirksamkeit bewiesen werden konnte. Bestimmte Wirkstoffe hindern die Herpesviren daran, in die Körperzellen einzudringen. Nach dem Auftragen der Zitronenmelisse auf die betroffenen Stellen tritt oft bereits nach wenigen Tagen oder sogar Stunden eine Besserung auf. Schwellungen und Rötungen gehen angeblich deutlich zurück. Salben und Cremes mit Zitronenmelissenextrakt gibt es in jeder Apotheke.

  • Zahnpasta soll helfen, das Bläschen schneller zu Reifung zu bringen. Die Wirkung von Zahnpasta auf Herpes geht aber wahrscheinlich auf Zink zurück, das aber nur in manchen Sorten enthalten ist. Statt zur Zahnpasta greift man also besser zur Zinksalbe. Und Vorsicht - die Zahncreme trocknet an. Wenn Sie sie entfernen, hebeln Sie schnell auch die schützende Kruste ab. Die dann austretende Flüssigkeit kann weitere Bereiche infizieren. Dasselbe gilt für Essig, Rasierwasser und Alkohol, wodurch die Haut nur unnötig gereizt wird.

  • Zubereitungen mit mindestens 15% Presssaft aus purpurfarbenem Sonnenhutkraut - dreimal täglich dünn aufgetragen - können vorbeugend bei starker Sonneneinstrahlung angewendet werden.

  • Teebaumöl, aufgetupft auf die Bläschen, soll eine antimikrobielle Wirkung besitzen. Vor dem Durchbruch der Antibiotika war es Bestandteil aller Erste-Hilfe-Ausrüstungen in den Tropen stationierter australischer Truppen. Denn bereits im späten 18. Jahrhundert kannte man die desinfizierende Wirkung von Teebaumöl. Das Auftragen der Substanz schon bei ersten Symptomen wie Jucken oder Kribbeln soll sogar einen Ausbruch von Herpes verhindern. Teebaumöl gilt allerdings auch als Auslöser von Hautentzündungen, die durch Kontakt mit bestimmten Reizstoffen entstehen. Unverdünntes Teebaumöl wird sogar als gesundheitsschädlich eingestuft.

  • Rein physikalisch wirken kleine runde Herpesbläschen-Pflaster. Solch ein Patch schützt die Wunde, weist Wasser ab und potenziell infektionsverursachende Bakterien. Durch das optimale Feuchtigkeitsniveau soll der hauteigene Wundheilungsprozess beschleunigt werden.

  • Kältereiz: Als wohltuend gegen den Spannungsschmerz kann das Auflegen eines metallenen Löffels aus dem Kühlschrank sein. Auch Eiswürfel, in ein Tuch eingewickelt auf die Herpesstelle gehalten, können in der Frühphase sinnvoll sein und die Virenvermehrung erschweren. Ist der Ausbruch aber bereits in vollem Gange, richtet die Kühlung nichts mehr aus, sondern schadet womöglich der Haut.

  • Auch hochprozentiger Alkohol hat einen kühlenden und desinfizierenden Effekt, allerdings brennt er stark, wenn durch die Herpeserkrankungen offene Stellen an der Haut entstanden sind.

  • Andererseits soll auch Wärmezufuhr, bei den ersten Anzeichen wie Kribbeln angewendet, helfen. Dafür gibt es in der Apotheke einen elektronischen Wärmestift, es funktioniert aber auch mit einem normalen Föhn.

  • Honig ist für seine antibakterielle Wirkung bekannt. Gemäss einigen Studien kann Honig oder Propolis (Bienenharz oder Kittharz) auch gegen Herpes-Viren hilfreich sein. Da Honig die offenen Stellen auch verschliesst, reduziert sich die äusserliche Verbreitung der Viren und damit das Ansteckungsrisiko. Besonders wirkungsvoll soll Manuka-Honig sein, der hauptsächlich in Neuseeland aus den Blüten der Südseemyrte gewonnen wird. Der verantwortliche Wirkstoff ist Methylglyoxal.

  • Kautabletten mit einer natürlichen Aminosäure (Lysin), die einen wichtigen Virus-Nährstoff, verdrängt, sind ein neuer Ansatz. Ausreichend Erfahrungen gibt es noch nicht.

Die Komplementärmedizin schlägt verschiedene vorbeugende Massnahmen vor. Dazu gehört eine gesunde Ernährung mit einem hohen Anteil an Vollkorn-, Frisch- und Rohkost. Nahrungsmittel mit einem hohen Anteil von Aminosäuren (v.a. Arginin) wie Erdnüsse, Schokolade, Getreideprodukte, können jedoch Herpesviren aktivieren und sollten daher vermieden oder eingeschränkt konsumiert werden. Wechselduschen und Kneippanwendungen werden zur Stärkung des Immunsystems empfohlen.

Häufige Fragen

Das Lippenherpes- Virus (Herpes labialis) wird über Tröpfchen- und Schmierinfektion, beim Küssen, Schmusen, gemeinsamen Verwenden eines Glases oder Löffels oder Benutzen derselben Zahnbürste übertragen. Besonders ansteckend ist Herpes, wenn die mit Flüssigkeit gefüllten Bläschen gerade aufplatzen. …
Nein, das sollte er besser nicht tun, denn der Inhalt der Herpesbläschen ist beim Herpes labialis (Lippenherpes) hochinfektiös. Bei Neugeborenen und Säuglingen mit ihrem wenig ausgereiften Immunsystem kann eine Ansteckung gefährlich sein. Die Erreger können zum Beispiel Organe befallen und eine …
Nein. Fieberbläschen (Herpes labialis) sind im Gegensatz zum Genitalherpes in der Schwangerschaft harmlos. Aber nach der Geburt kann das Herpesvirus durch Tröpfcheninfektion (z.B. Husten, Niesen) oder Schmierinfektion (z.B. Kontakt der Finger mit dem Bläscheninhalt und Verbreitung) auf das …
Aciclovir-haltige Salben gegen Herpes labialis ( Fieberbläschen ) sind in der Schwangerschaft erlaubt. Die Einnahme von Aciclovir in Tablettenform sollte jedoch nur in begründeten Fällen erfolgen, z.B. bei Ausbruch von Herpes genitalis kurz vor der Geburt. Der Bläscheninhalt würde für das Kind …
Linktipp

Weitere Informationen finden Sie unter www.herpesnet.ch.

Weitere Herpesviren


Die Herpesviren verursachen nicht nur die bekannten Herpesbläschen auf der Lippe oder im Genitalbereich, sondern auch andere Infektionskrankheiten: Windpocken (Varizellen) und Gürtelrose (Herpes Zoster), die infektiöse Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber) und die Zytomegalie.

Letzte Aktualisierung: 31.12.2020, BH