Schizophrenie und Schwangerschaft

Erfahrungsbericht einer swissmom-Userin

Neugeborenes in den Armen der Mutter Minuten nach der Geburt
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Vorgeschichte:

Nach der Diagnose Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis war ich mit 15 mg Abilify jahrelang stabil. Als der Kinderwunsch aktuell wurde, klappte ein Absetzversuch innerhalb von einem Jahr (Reduktion in 5 mg Schritten ca. alle 2-3 Monate, nach erstem Absetzen nochmals kurzzeitige Erhöhung auf 5 mg, dann stabile Reduktion möglich). Ich wurde ohne Medikamente schwanger und hatte aber einen Abgang innerhalb der ersten 3 Monate. Nach der operativen Auskratzung nahm ich zu spät Medikamente, und musste mit Psychose stationär behandelt werden.  

Es folgte eine lange Zeit des Experimentierens mit intensiver Therapie (teilweise 1 mal wöchentlich) und mehreren unglücklichen Absetzversuchen. Generell verlaufen Psychosen bei mir so, dass sie schnell kommen, intensiv sind mit sehr aktiven Phasen, und schnell (meist nach dem ersten Mal gut schlafen) wieder abklingen. Ich probierte andere Medikamente (z.B. das „schwangerschaftsverträgliche“ Medikament Haldol, das aber aus der alten Generation stammt) aus, und lernte auch, dass mir in der akuten Psychose die zusätzliche Einnahme von mittleren Neuroleptika zum Einschlafen sehr hilft.

Durchbruch: Planung Medikamente in Schwangerschaft und nach Geburt

Den Durchbruch schaffte ich nach einem Besuch bei einer anerkannten Forscherin.

Als schwangerschaftsverträgliches Medikament empfahl sie mir Seroquel. Auf meinen Wunsch, ohne Medikation schwanger zu werden, empfahl sie mir, nur noch einen Absetzversuch zu unternehmen, und bei Anbahnen einer Psychose rechtzeitig auf Seroquel umzustellen und dann damit schwanger zu werden. (Im Nachhinein denke ich mir, ich hätte mir so ein Ultimatum „nun das letzte Mal Absetzen versuchen“ schon früher konsequent stellen sollen und mir dann mehr Zeit damit lassen sollen. Stattdessen wurde ich immer wieder instabil und wollte die Medikamente aber immer wieder so schnell wie möglich reduzieren, so dass sich diese Phase über einen Zeitraum von über 2 Jahren hinzog.)

Sicherstellen müsste ich eine hohe Medikation nach der Geburt, denn direkt nach der Geburt sei das Risiko einer Psychose 20fach höher als normal. Auch generell spielen Hormone eine Rolle bezüglich psychotischer Risiken. Z.B. kann schon das Einnehmen der Antibabypille durch das Oestrogen einen gewissen (kleinen) Schutz bieten.

Wegen der empfohlenen erhöhten Dosis an Medikamenten nach Geburt und des für mich extrem wichtigen Schlafes zur Vermeidung von Psychosen wurde mir empfohlen, nicht zu stillen.

Schwangerschaft:

Kurz bevor ich schwanger wurde, reduzierte ich die Medikation auf Seroquel XR 150mg.

Gegen Ende des ersten Trimesters wurde ich psychotisch und ging in eine Klinik zur Behandlung. (Es wäre für mich besser gewesen, wenn ich auf diesen letzten Reduktionsschritt verzichtet hätte. Besser eine stabile Schwangerschaft mit ausreichender Dosis an Medikamenten als psychische Entgleisungen verbunden mit Variation der Medikation). Kurzfristig wurde das Seroquel erhöht um zusätzliche 125 mg (ohne XR, Steigerung in 25 mg Schritten). Es zeigte aber nicht viel Wirkung, sondern die zusätzliche Einnahme von Valium (kurzfristig auf bis zu 10 mg) führte endlich zu einem guten Schlaf und dem Abklingen der Psychose. Am Ende des Klinikbesuchs war ich auf 200 mg Seroquel XR und 5 mg Valium eingestellt. Das Valium setzte ich in 1 mg Schritten alle 10 Tage ab. Die 200 mg Seroquel XR nahm ich die gesamte Schwangerschaft bis zur Geburt.

Der Ersttrimestertest beim Kind zeigte keine Auffälligkeiten.

Die restlichen 2 Trimester der Schwangerschaft arbeitete ich nur noch halbtags (50% krankgeschrieben). Sie verliefen sehr gut und ich genoss die Zeit mit Bauch sehr.

Geburt:

Bei der Wahl des Krankenhauses hatten wir das Team über unsere Situation vorab informiert. Wichtig war uns auch, dass bei eventuellen Komplikationen (Anpassungsstörungen des Babies nach der Geburt bezüglich Atmung etc.) auch entsprechende intensive Behandlung des Säuglings möglich ist. Eigentlich war eine natürliche Geburt geplant gewesen. Als die Herztöne des Babies nach kaum spürbaren Wehen runtergingen, gab es einen Kaiserschnitt. Unser Sohn kam gesund zur Welt. Er war zwar sehr klein (die Untersuchung der Plazenta zeigte, dass eine Arterie an Nabelschnur nicht richtig angedockt hatte), aber topfit. In den ersten Nächten liessen wir ihn auf Station, auch damit ich schlafen konnte. Ich erhöhte die Medikamente am Tag der Geburt auf 600 mg. (abends 400 mg und morgens 200 mg Seroquel). Nach einer Woche auf Station gingen wir nach Hause. Nachts gab ihm meistens mein Mann die Flasche. Für mich verlief die Zeit seitdem sehr stabil, ich reduziere die Medikamente sehr langsam und vorsichtig.

Unser Sohn ist mittlerweile schon ein kleiner Mensch mit eigenem Charakter, ein wahrer Sonnenschein, er brabbelt und krabbelt. Für uns hat sich ein Traum erfüllt.

(Die Leserin möchte anonym bleiben. Der Name ist der Redaktion bekannt.)

Letzte Aktualisierung: 09.05.2018, swissmom-Redaktion