Epilepsie-Medikamente und Schwangerschaft
Aus der Forschung
Ärzte können mit der richtigen Medikamentenauswahl für schwangere Epilepsie-Patientinnen das Risiko für das Kind reduzieren. Daten aus dem Jahr 2011 zeigen die Risikoprofile der vier am häufigsten verschriebenen Medikamente gegen Epilepsie.
Die Auswertung von fast 4000 Schwangerschaften in 42 Ländern durch Wissenschaftler um Prof. Torbjörn Tomson (Karolinska Institut, Stockholm) bestätigte zwar, dass alle vier Epilepsie-Medikamente bei hoher Dosierung das Risiko von Geburtsfehlern erhöhen können. „Insgesamt kann jedoch bei einer niedrig dosierten Therapie mit einem einzigen Medikament von einem Missbildungsrisiko ausgegangen werden, dass die Entscheidung für ein Kind nicht wesentlich beeinflussen sollte“, schätzt Professor Christian Elger von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie die Ergebnisse ein.
Etwa drei von tausend Schwangeren sind Epilepsie-Patientinnen. Da unvorhersehbar auftretende Krampfanfälle vor allem die Mutter und damit auch das Kind gefährden können, müssen die meisten Patientinnen ihre Medikamente auch in der Schwangerschaft weiter einnehmen. Gleichzeitig können die Arzneien aber das Risiko für Fehlbildungen erhöhen. Zwischen zwei Übeln muss der für die Patientin individuell beste Weg gefunden werden. „Die neuen Daten helfen dem behandelnden Arzt, das Risiko für Mutter und Kind so gering wie möglich zu halten“, erklärt Professor Elger.
Es zeigte sich, dass mit dem zur Zeit am häufigsten verschriebenen Wirkstoff Lamotrigin bei einer Dosierung von unter 300 Milligramm täglich die geringste Rate an Fehlbildungen auftrat. Mit zwei Prozent liegt diese Rate allerdings noch im Spektrum gesunder Frauen ohne Medikament, genauso wie Carbamazepin in einer Dosierung von weniger als 400 Milligramm und einer Fehlbildungsrate von 3,4 Prozent.
Deutlich höher fiel sie unter Phenobarbital und Valproinsäure aus, wo bei niedriger Dosierung 5,4 bzw. 5,6 Prozent Fehlbildungen beobachtet wurden. Dies liegt laut englischem Schwangerschaftsregister etwa ein Prozent über der Rate von epilepsiekranken Schwangeren ohne Medikamenteneinnahme, bei denen die unbehandelten Krampfanfälle zu Problemen führen können.
Zudem fanden die Wissenschaftler bei allen vier Medikamenten mehr Fehlbildungen als bei Nichtepileptikerinnen, wenn sehr hoch dosiert wurde, dies besonders bei dem Wirkstoff Valproinsäure. Grundsätzlich sollte also schon in der Kinderwunsch-Phase eine niedrige Dosierung eingestellt werden, die aber gleichzeitig Anfallsfreiheit gewährleistet.
Nicht vergessen werden darf zudem, dass Frauen mit Epilepsie schon vor aber vor allem auch während der Schwangerschaft Folsäure in höherer Dosierung einnehmen sollten.
Die Auswertung zählte alle Fehlbildungen, die bis zu einem Jahr nach der Geburt beobachtet werden konnten, einschliesslich solcher Fälle, die zu einem Schwangerschaftsabbruch führten.
Aus der Forschung: T. Tomson et al.: Lancet Neurol. 2011 / 10(7), S. 609-617