Weltfrauentag - gute Gründe, laut zu werden

Frauen aus drei Generationen am Strand
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Heisst es Weltfrauentag? Oder Internationaler Frauentag? Oder Frauenkampftag? Oder schlicht und einfach Tag der Frau? So richtig einig scheint man sich in dieser Frage nicht zu sein. Irgendwas mit Frauen halt, die jedes Jahr am 8. März weltweit gefeiert werden sollen - oder die zum Demonstrieren auf die Strasse gehen, weil ihnen mal wieder etwas nicht passt. Wer weiss das denn schon so genau?

Ich muss leider gestehen, dass mir diese Ignoranz keineswegs fremd ist. Was natürlich ein Stück weit damit zusammenhängt, dass wir Frauen in der Schweiz eher am 14. Juni laut werden.

Auf den 8. März wurde ich erst aufmerksam, als meine angeheiratete italienische Verwandtschaft mal fragte, ob mir mein Mann denn keine Mimosen geschenkt hätte. Warum sollte er mir Mimosen schenken? Dass ich zuweilen etwas überempfindlich bin, kann er mir auch direkt ins Gesicht sagen. Er darf sich dann einfach nicht wundern, wenn ich auf seine Direktheit ein wenig mimosenhaft reagiere.

Nun, ich erfuhr dann natürlich, dass in Italien "la festa della donna" eine ziemlich wichtige Sache ist und dass so manche Italienerin eingeschnappt wäre, wenn sie zu diesem Anlass keine Mimosen geschenkt bekäme. Aber offen gestanden machte ich mir keine weiteren Gedanken über Sinn und Zweck dieses Tages. Zuerst einmal, weil ich noch jung war und wenig Anlass hatte, mir über mein Dasein als Frau Gedanken zu machen. Und später dann, weil ich eine Menge anderer Dinge im Kopf hatte:

Wie schaffen es mein Mann und ich, unsere Aufgaben gerecht zu teilen?

Wie kriegen wir die wachsende Familie und den Berufsalltag unter einen Hut?

Wie weit muss ich meinen Fuss im Berufsleben behalten, damit ich da irgendwann auch wieder mit beiden Beinen drin stehen kann?

Wie viel Weiterbildung liegt daneben noch drin?

Ginge es finanziell auf, wenn er mehr zu Hause bliebe und ich mehr arbeitete?

Lohnt sich der ganze Stress überhaupt, wenn ich am Ende des Monats doch wieder das ganze Geld bei der Kita abliefern muss?

Wie gelingt es mir, zugleich Mutter, Partnerin, Arbeitskollegin, Tochter, Schwiegertochter, Ehrenamtliche und was auch sonst noch alles zu sein - ohne dabei den Verstand zu verlieren?

Wo bleibe ich selbst in alldem?

Wird diese Erschöpfung je wieder aufhören?

Wie kriege ich diese innere Stimme zum Schweigen, die andauernd meckert, eine "perfekte Frau" sähe anders aus?

Und wo zum Henker ist schon wieder dieser ****** Nuggi?!?!

Erst als der Alltag etwas ruhiger wurde und wieder mehr Zeit zum Nachdenken blieb, dämmerte mir, wie viel alle diese Herausforderungen mit meinem Frausein - und somit auch mit den Anliegen des 8. März - zu tun haben. Ich hätte also durchaus Anlass gehabt, mir diesen Tag im Kalender fett und rot anzustreichen.

An all den Fragen, Herausforderungen und Ungerechtigkeiten ändert sich mit so einem Gedenktag zwar herzlich wenig. Dennoch wird dadurch vielleicht ein klein wenig sichtbarer, woran wir uns Tag für Tag die Zähne ausbeissen. Aber ob das auch gesehen, gehört und verstanden wird? Ob es etwas hilft, wenn manche Medien während 24 Stunden "starke Frauen" ins Zentrum stellen? Ob das Bewusstsein für Frauenanliegen wächst, wenn Floristen nun auch zum Weltfrauentag darauf aufmerksam machen, wie wichtig Wertschätzung ist?

Nun, frau darf es zumindest hoffen - und dankbar sein, wenn keiner auf die Idee kommt, mit einem Blumenstrauss sei die Sache erledigt.

Gründe, am Weltfrauentag etwas lauter zu werden, kennt wohl jede Frau. Und falls doch nicht, ist aktuell vielleicht die folgende Tatsache von Interesse: Es gibt durchaus einen offiziellen Namen für den 8. März. Er lautet "Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden". 

Letzte Aktualisierung: 07.03.2022, TV