Exklusiv: Interview mit der Romantik
swissmom: Liebe Romantik, herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen für dieses Gespräch. Es war gar nicht so einfach...
Romantik: Entschuldige, dass ich kurz unterbreche. Seit wann siezen wir uns? Wir kennen uns doch schon seit Ewigkeiten und haben so viel Schönes miteinander erlebt. Der Spaziergang im Morgengrauen durch die Altstadt von Prag, zum Beispiel. Nur dein Liebster, du und ich. War das nicht herrlich?
swissmom: Oh ja, das war wirklich traumhaft. Aber das ist so lange her. Ich war mir nicht sicher, ob du mich überhaupt noch erkennst.
Romantik: Natürlich erkenne ich dich. Und gelegentlich laufen wir einander ja schon noch über den Weg. Wenn auch nicht so oft, wie ich mir das wünschen würde.
swissmom (seufzend): Wem sagst du das... Aber lass uns dem Gespräch doch eine etwas allgemeinere Richtung geben. Es soll ja hier nicht um unser Verhältnis gehen. Lass mich kurz einen Blick in meine Notizen werfen. Was war schon wieder meine erste Frage? Ach ja, hier: Man unterstellt dir gerne, mit Kindern würdest du dich nicht so gut vertragen. Stimmt das?
Romantik: Ganz und gar nicht, ich liebe Kinder und ich suche ihre Nähe, wann immer ich kann. Nachts, wenn sie tief und fest schlafen und ihre Eltern sich übers Bettchen beugen bin ich zum Beispiel jedes Mal dabei. Oder wenn ein Dreikäsehoch über die ersten Schneeglöckchen der Saison staunt. Oder wenn sich eine kleine, klebrige Kinderhand vertrauensvoll in Papas oder Mamas Hand legt. Das Problem ist nur, dass die Erwachsenen meine Anwesenheit in solchen Momenten nicht wahrnehmen.
swissmom: Warum nicht?
Romantik: Nun, ich denke, das liegt vor allem daran, dass viele eine ganz fixe Vorstellung von mir haben. Sie bringen mich mit Sonnenuntergängen in Verbindung, mit Essen bei Kerzenschein und zärtlichen Küssen. Dass ich ein unglaublich wandelbares Wesen bin, das sich in allen möglichen Lebenslagen zeigt, lassen sie ausser Acht.
swissmom: Das heisst also, dass du dich keineswegs aus dem Staub machst, wenn ein Paar Kinder bekommt. Warum gibt es dennoch viele Frauen und Männer, die dich während der Familienphase schmerzlich vermissen?
Romantik: Zum einen hängt das sicher mit den oben genannten Vorstellungen zusammen. Viele Menschen denken, ich könnte nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gut arbeiten, dabei wäre ich durchaus flexibel, wenn man mich machen liesse. Aber das tut man nicht, man wartet lieber auf die perfekten Bedingungen. Doch wie um alles in der Welt soll ich den Leuten die perfekte Show mit Sonnenuntergang, prickelndem Champagner und heissen Liebesschwüren bieten können, wenn andauernd ein Baby zahnt oder ein Schulkind erst spätabends dran denkt, dass es noch Hausaufgaben machen müsste?
swissmom: Das ist wohl tatsächlich schwierig. Gibt es noch andere Gründe, weshalb die Leute denken, du würdest dich rar machen?
Romantik: Ein grosses Problem ist natürlich auch, dass die Menschen ganz unterschiedliche Eigenschaften an mir besonders schätzen. Nehmen wir mal an, ein durchschnittliches Paar Mitte dreissig hat ein paar Stunden kinderfrei. Sie wünscht sich ein gediegenes Abendessen, eine romantische Komödie und danach eine Runde kuscheln, er ist widerwillig bereit, sich auf die romantische Komödie einzulassen, aber nur, wenn darauf eine heisse Liebesnacht folgt. Wie soll ich mich in eine solche Situation einbringen? Glaub mir, ich wäre durchaus in der Lage, bei beiden Programmvarianten kräftig mitzumischen und dem Paar einige unvergessliche Stunden zu bereiten, aber wenn keiner bereit ist zu einem Kompromiss, entsteht dicke Luft und dann bin ich weg und zwar sofort. (Verzieht angewidert das Gesicht.) Wenn ich eines nicht ausstehen kann, dann dicke Luft.
swissmom: Damit kommen wir zu einem weiteren Punkt. Mich dünkt, du seist manchmal ein wenig überempfindlich...
Romantik (aufgebracht): Überempfindlich? Ich? Ich bin nicht überempfindlich, ich bin einfach ein ausgesprochen zartes Wesen, das sich dort am besten entfalten kann, wo man mir keine Grenzen setzt. Nur so kann ich meinen Zauber wirken lassen. Aber wie um alles in der Welt soll ich denn bei den beengten Verhältnissen, die man mir zumutet, richtig arbeiten können?
swissmom: Wie meinst du das?
Romantik: Schau dir doch mal an, wie die meisten Paare funktionieren, dann verstehst du, wie ich das meine. Von morgens um sechs bis abends um halb acht habe ich in ihrem Leben nichts verloren, denn dann müssen sie arbeiten, die Kinder versorgen und haushalten. Wenn ich Glück habe, darf ich ab halb acht ein halbes Stündchen still in der Ecke des Kinderzimmers kauern, um dem Abendritual einen Hauch meiner Magie zu verleihen, aber danach soll ich wieder verschwinden, bis die Küche aufgeräumt ist. Bei den Abendnachrichten und dem Krimi habe ich natürlich auch nichts verloren und dann, wenn ich denke, heute sei hier nichts mehr zu tun, soll ich den zwei Halbschlafenden neues Leben einhauchen, damit sie kurz vor Mitternacht doch noch ein wenig ihre Liebesbeziehung pflegen können. Nein, so geht das nun wirklich nicht! Mich den ganzen Tag über kaum beachten und dann spätabends von mir erwarten, dass ich Schwerstarbeit leiste. Geht man so mit einem geschätzten Mitarbeiter um?
swissmom: Dann findest du es bestimmt eine gute Idee, wenn Paare regelmässig einen ganzen Abend nur für dich reservieren?
Romantik: Na ja, wie soll ich sagen? Ich bin da ein wenig gespalten. Einerseits fühle ich mich natürlich geschmeichelt, dass ich den Menschen so viel bedeute. Immerhin räumen sie mir in ihrem übervollen Terminkalender ein grosses Zeitfenster ein. Andererseits lastet an solchen Abenden auch ein enormer Druck auf mir. Alles, was ich im Alltag nicht bieten kann, soll in diese wenige Stunden hineingepresst werden. Manchmal geht das wirklich gut, aber wenn es mir nicht gelingt, die hohen Erwartungen zu erfüllen, sind am Ende alle sauer und es dauert eine halbe Ewigkeit, bis mir die beiden wieder ihr Vertrauen schenken und den Paarabend nicht mit Besprechungen über Kindererziehung und Finanzen versauen, weil sie sich vor enttäuschten Hoffnungen fürchten.
swissmom: Ich muss gestehen, dass mich unser Gespräch ein wenig traurig stimmt. Gibt es denn gar keine Möglichkeit, dich bei Laune zu halten? Ist es am Ende eben doch so, dass du dich mit dem Familienleben nicht verträgst?
Romantik: Nein, das möchte ich vehement bestreiten. Ich bin da und ich bin jederzeit bereit, mit anzupacken, auch mitten im Familienalltag.
swissmom: Hast du ein paar Tipps, wie man mir dir umgehen soll, damit deine Anwesenheit auch spürbar ist?
Romantik: Als erstes ist es sicher gut, wenn man mich in keine Schublade steckt, sondern sich von meiner Vielseitigkeit überraschen lässt. Es gibt kaum einen Tag, an dem ich nicht in irgend einer Form in Erscheinung trete, man muss mich nur sehen wollen. Zweitens werde ich liebend gerne gehätschelt. Das müssen keine grossen Gesten sein, es sind die kleinen Aufmerksamkeiten, die mich am Leben erhalten. Wer mich auf diese Weise hegt und pflegt, kann ziemlich sicher sein, dass ich auch dabei sein werde, wenn mal eine grössere Sache mit dem Partner geplant ist. Und schliesslich möchte ich die Paare ermutigen, spontan zu sein. Wenn ihr mir irgendwo im Alltag begegnet und die Gelegenheit ist gerade günstig, dann packt mich beim Schopf, ganz egal, ob in der Spüle noch ein Berg Geschirr steht oder die Steuererklärung darauf wartet, ausgefüllt zu werden.