Kinderwunsch nach Krebstherapie des Mannes
Bösartige Erkrankungen können heute in vielen Fällen geheilt oder zumindest gut behandelt werden, auch wenn die dazu eingesetzte Chemo- und/oder Radiotherapie sehr schädlich für die Fortpflanzungsorgane ist. Ist die Krebsbehandlung erst einmal überstanden, sieht die Zukunft nicht mehr ganz so düster aus. Viele junge Paare überlegen in dieser Zeit, ob und wie sie sich den Wunsch nach eigenen Kindern erfüllen können.
Am häufigsten stellt sich die Situation bei Männern mit Hodentumoren oder Morbus Hodgkin. Oft ist das Spermiogramm schon vor der Therapie im nicht optimalen Bereich, und zwar in beiden Hoden. Die zur Chemotherapie eingesetzten Zytostatika sind grundsätzlich immer erst einmal toxisch für die Keimzellen. Da die vollständige Spermienproduktion 96 Tage dauert, kann theoretisch nach ca. 12 Wochen wieder mit einer ausreichenden Fruchtbarkeit gerechnet werden. Ob die Keimzellen sich aber nach Abschluss der Behandlung wieder erholen, ist substanzspezifisch, dosis- und altersabhängig. Bei 27% der behandelten Männer findet sich weiterhin eine Azoospermie. Die Zeit bis zur vollständigen Erholung der Spermiogenese kann beim Hodentumorpatienten bis zu 3, nach Hochdosis-Cisplatintherapie sogar bis zu 9 Jahren dauern.
Auch die Strahlentherapie hat negative Auswirkungen auf die Spermienproduktion. Dabei werden Streudosen von 1,2–4,8 Gy trotz Gonadenschutz am Hoden gemessen. Es besteht, wie bei der Chemotherapie, eine vorübergehende oder bleibende Verschlechterung der Spermienreifung, die abhängig von der Stärke der Bestrahlung ist.
Deshalb sollte am besten schon vor einer Krebstherapie geklärt werden, ob z.B. Kryokonservierung (Einfrieren von Sperma), Kryo-TESE (testikuläre Samenzellextraktion) oder Strahlenschutzmassnahmen im Genitalbereich möglich sind. Die eingefrorenen Spermien stehen später für verschiedene Methoden der assistierten Reproduktion (von homologer Insemination bis hin zu ICSI) zur Verfügung.
Zusätzlich stellt sich aber auch die Frage, ob die Kinder von Vätern nach Chemotherapie ein erhöhtes Risiko für angeborene Veränderungen haben. Hierzu konnten Untersuchungen bisher weder eine erhöhte Wahrscheinlichkeit genetischer Defekte noch eine höhere Fehlgeburten- oder Frühgeburtenrate, ein geringeres Geburtsgewicht oder eine erhöhte Krebswahrscheinlichkeit bei den Kindern nachweisen. Fachleute empfehlen allerdings, noch mindestens ein halbes Jahr nach Abschluss der Therapie eine zuverlässige Empfängnisverhütung anzuwenden.