Besser lernen mit Yoga
Gastbeitrag von Caroline Anna Hafner
Kann Yoga wirklich das kindliche Lernen beeinflussen?
Damit ein Lernprozess überhaupt beginnen kann, muss das Kind zunächst alle Sinne einsetzen und seine Umwelt wahrnehmen. Dadurch nimmt es Informationen in Form von Reizen taktil-kinästhetisch, visuell, auditiv und olfaktorisch-gustatorisch auf und verarbeitet sie, indem es sie interpretiert und abspeichert. Je mehr Sinne dabei gleichzeitig angesprochen werden, desto besser kann die Information aufgenommen und abgespeichert werden.
Diese Vernetzung von Sinneserfahrungen ist die Grundlage sämtlicher geistiger Aktivitäten wie Denken, Handeln, Wollen oder Fühlen. Yoga fördert zum einen die allgemeine Wahrnehmung, welche eine wichtige Grundvoraussetzung für das Lernen darstellt, zum anderen fördert es aber insbesondere auch die Körper- oder Selbstwahrnehmung.
Der sechste, siebte und achte Sinn
Neben den fünf Sinnen Sehen, Fühlen, Riechen, Schmecken und Hören gibt es noch drei weitere Sinne, die bewusst oder unbewusst wahrgenommen werden können:
Der sechste Sinn ist die Körperwahrnehmung, mit der wir Bewegungen des Körpers, An- oder Entspanntheit der Muskulatur, Stimmigkeit oder Unstimmigkeit der Körperhaltung sowie Empfindungen wie Hunger und Durst wahrnehmen.
Der siebte Sinn bildet alle Wahrnehmungen des Geistes ab, also Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, Vorstellungen und Träume. Er ermöglicht, uns selbst beim Denken, Fühlen, Planen oder Träumen zu beobachten.
Der achte Sinn umfasst schliesslich Wahrnehmungen von Beziehung und Verbundenheit zu anderen Menschen. Er ermöglicht uns, das Atmosphärische zu erfassen, das nicht greifbar ist, aber massgeblich über Gelingen oder Misslingen unserer Kommunikation entscheidet. Er ist auch für die Fähigkeit zur Empathie verantwortlich und entscheidet über die emotionale und soziale Kompetenz.
Bewegung fördert den Lernprozess
Einerseits erhöht körperliche Ertüchtigung die Durchblutung im Gehirn, was zu einer verbesserten Konzentration führt, andererseits werden Bereiche im Gehirn stimuliert, die zur Verarbeitung und Speicherung von neuen Informationen relevant sind. Durch die Aktivierung verschiedener Sinne werden die Informationen an mehreren Stellen im Gehirn verankert und besser im Langzeitspeicher abgespeichert. Basiserfahrungen, die vom Kind durch eigenes Handeln selbst gemacht werden, werden nach dem heutigen Erkenntnisstand besser im Gedächtnis gespeichert und können schneller wieder abgerufen werden.
Yoga schult die Körperwahrnehmung
Im Gegensatz zu anderen Formen der Bewegung steht beim Yoga jedoch die Ganzheitlichkeit im Vordergrund. Yoga ist nicht nur eine körperliche Ertüchtigung, die das Gleichgewicht fördert und ein positives Körpergefühl vermittelt, es schult auch den Geist. Ziel der Yoga-Praxis ist nicht der Wettkampf oder die Leistung, sondern die Körperwahrnehmung.
Die erfolgreiche Ausführung der Asanas ist nicht mit dem korrekten Einnehmen der Körperhaltung abgeschlossen, sondern erst mit der subjektiven Auseinandersetzung damit, was dabei im eigenen Körper vorgeht, ob ein stabiles Gleichgewicht erreicht wird und Verkrampfungen losgelassen werden können. Verschiedene entwicklungsorientierte und überfachliche Kompetenzen wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Konzentration und Selbstreflexion werden geschärft, was zu optimalen Bedingungen für einen erfolgreichen Lernprozess führt.
Mit der Ausübung der Asanas, welche bestimmte Muskelgruppen aktivieren und für einige Minuten gehalten werden müssen, regt Yoga den Kreislauf an und erhöht den Sauerstofftransport ins Gehirn. Mithilfe der anschliessenden Entspannungsübungen bringt Yoga den Körper und Geist aber auch zur Ruhe. In einem entspannten Zustand findet eine Synchronisierung der beiden Gehirnhälften statt. Das befähigt zu einer ganzheitlichen Wahrnehmung und Aufnahmefähigkeit und führt zu einem leichteren Lernen.
Kinder können durch Yoga lernen, auf ihren Körper zu hören und sich selbst zu regulieren, indem sie in sich hineinspüren und eine innere Balance finden. Das daraus entstehende Gesundheitsbewusstsein und der Respekt für die eigenen Grenzen und Möglichkeiten trainieren wichtige Basiskompetenzen und soziale Fähigkeiten.