Erschöpfung nach der Geburt

Schwangerschaft, Geburt und die ersten Wochen mit dem Neugeborenen verlangen dem Körper einiges ab. Was hilft, die Batterien wieder aufzufüllen?

Mutter mit einem Neugeborenen schläft auf dem Sofa
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Während der Schwangerschaft hat der Körper alles gegeben, um ein neues Leben entstehen zu lassen und unter der Geburt wurden erstaunliche Kräfte freigesetzt. Nach dieser Höchstleistung ist nicht etwa Erholung angesagt, sondern Dauereinsatz für das Neugeborene. Kein Wunder, dass sich bei vielen Müttern früher oder später eine tiefe Erschöpfung bemerkbar macht. 

Erschöpft nach der Geburt - warum?


Die eingangs erwähnte Höchstleistung, die der Körper während der Schwangerschaft und unter der Geburt erbracht hat, ist sicher einer der wichtigsten Faktoren, warum viele Mütter ausgelaugt und erschöpft sind, wenn das Baby da ist. Hinzu kommt, dass Schlaf nach der Ankunft des Neugeborenen zum raten Luxusgut wird. Und auch die vielen Mahlzeiten, die es in den ersten Wochen benötigt, zehren an den mütterlichen Reserven. Insbesondere natürlich, wenn die Mutter stillt und somit der Körper die Nahrung produziert, die das Baby zum Gedeihen braucht. 

Neben diesen ganz offensichtlichen Faktoren gibt es noch ein paar weitere, die zur Erschöpfung beitragen:

  • Hormonelle und emotionale Veränderungen nach der Geburt verlangen der Mutter einiges ab. Allerdings fehlen die Zeit und die Ruhe, dies alles zu verarbeiten.

  • Der Übergang vom Berufsleben zur Mutterschaft ist anspruchsvoller als erwartet. Auf einmal ist da diese riesige Verantwortung, auf die einen keine Ausbildung und kein Vorbereitungskurs angemessen vorbereiten kann. 

  • Paare sind nach der Geburt oftmals auf sich alleine gestellt, denn in vielen Familien ist es nicht mehr üblich, den frischgebackenen Eltern mit praktischer Hilfe unter die Arme zu greifen. 

  • Nach der Geburt steht das Wohlergehen des Babys im Zentrum. Die Bedürfnisse der Mutter rücken in den Hintergrund, obschon auch sie es jetzt nötig hätte, umsorgt zu werden. 

  • Der Druck, möglichst bald wieder fit, schlank und leistungsfähig zu sein, ist gross. Während früher eine Wöchnerin das Haus nicht verliess und sich von Verwandten mit nahrhaften Speisen versorgen liess, heisst es heute schnell einmal "Du bist doch nicht krank", wenn eine Mutter die Dinge im Wochenbett langsam angehen möchte. 

Wie macht sich Erschöpfung bemerkbar?


Vielen Müttern macht zuerst einmal die bleierne Müdigkeit zu schaffen, die sie immer wieder überfällt. Eine Müdigkeit, die auch dann nicht verschwindet, wenn ausnahmsweise mal etwas mehr Schlaf drinliegt. Sie geht oft einher mit Reizbarkeit, innerer Unruhe und Lärmempfindlichkeit. Auch die berüchtigte "Stilldemenz" kann ein Anzeichen von Erschöpfung sein. Manche Mütter sind zudem anfälliger für Infekte.

Ein Nährstoffmangel kann das Gefühl der Erschöpfung verstärken. Anzeichen dafür sind beispielsweise brüchige Nägel, trockene Haut und eingerissene Mundwinkel. 

Worauf achten im Wochenbett?


Gestalten Sie die ersten sechs Wochen nach der Geburt so ruhig wie möglich. Mit der Versorgung des Neugeborenen und der Eingewöhnung in den neuen Lebensabschnitt haben Sie mehr als genug zu tun. Selbst dann, wenn Sie sich schonen, werden Sie sich zuweilen überfordert und ausgelaugt fühlen. 

Damit Sie sich im Wochenbett ganz dem Baby und sich selber widmen können, sollten Sie versuchen, möglichst alle Verpflichtungen auf später zu verschieben. Organisieren Sie bereits während der Schwangerschaft praktische Unterstützung für die ersten Wochen daheim und wünschen Sie sich anstelle von Babysachen warme Mahlzeiten zur Geburt. So müssen Sie Ihre Kräfte nicht fürs Kochen und Haushalten einsetzen. Lassen Sie sich Einkäufe ins Haus liefern, damit Sie nur dann raus müssen, wenn Ihnen danach ist. Und delegieren Sie so viel wie möglich an Ihren Partner und andere liebe Menschen. Dies verschafft Ihnen die Möglichkeit, sich auszuruhen, wenn Ihr Baby schläft. 

Wichtig ist auch, dass Besuche nicht zum Stressfaktor werden. Natürlich ist es schön, wenn Familie und Freunde das Neugeborene bald kennenlernen dürfen. Sie sollten Ihre Gäste jedoch nicht bewirten und unterhalten müssen. Bitten Sie stattdessen die Grosseltern, kurz zum Baby zu schauen, sodass Sie in Ruhe duschen können. Nehmen Sie Ihren Bruder mit seinen drei Kleinkindern auf einen Spaziergang mit, damit Sie nach dem Besuch nicht die Wohnung aufräumen müssen. Und fragen Sie die Freundin, ob sie den Zvieri mitbringen könnte, wenn sie vorbeikommt.

Was hilft gegen die Erschöpfung?


Als Mutter eines Neugeborenen können Sie nicht einfach mal für ein paar Tage ins Wellnesshotel verschwinden, um die Batterien wieder aufzuladen. Was also tun, wenn Sie merken, dass Sie erschöpft und ausgelaugt sind? Leider gibt es kein Wundermittel, mit dessen Hilfe Sie von heute auf morgen wieder auf die Beine kommen. Es gibt jedoch einige gute Gewohnheiten, die Ihnen helfen, nach und nach wieder Kraft zu tanken.

Gesunde Ernährung

Während der Schwangerschaft haben Sie grossen Wert auf eine gesunde und vollwertige Ernährung gelegt, damit Ihr Baby alles bekommt, was es braucht. Behalten Sie diese guten Ernährungsgewohnheiten bei - ob Sie nun stillen oder nicht. Denn auch jetzt, wo Sie rund um die Uhr im Einsatz sind, muss Ihr Körper ausreichend mit Nährstoffen versorgt sein.

Falls Ihre Erschöpfung ausgeprägt ist und sich körperliche Anzeichen wie brüchige Nägel, Infektanfälligkeit oder eingerissene Mundwinkel bemerkbar machen, sollten Sie ärztlich abklären lassen, ob ein Nährstoffmangel vorliegt. Nehmen Sie nicht einfach auf gut Glück ein Nahrungsergänzungsmittel ein, sondern supplementieren Sie gezielt die Nährstoffe, bei denen ein Mangel festgestellt wurde

Dem Schlaf eine hohe Priorität einräumen

Niemand kann Ihnen sagen, wann Sie Ihren ungestörten Nachtschlaf zurückbekommen. Weil aber Schlafmangel stark zur Erschöpfung beiträgt, ist es zentral, dass Sie trotz allem so viel und so gut wie möglich schlafen. In der aktuellen Phase heisst dies,

  • abends schlafen zu gehen, wenn Ihr Baby schläft, auch wenn Sie üblicherweise später ins Bett gehen würden.

  • tagsüber ein Nickerchen einzulegen, wann immer sich die Gelegenheit dazu bietet. Ein Wecker verhindert, dass Sie die ganze Schlafenszeit Ihres Babys verschlafen und dann gestresst sind, weil alles liegen geblieben ist. 

  • sich bei den Nachtdiensten mit Ihrem Partner abzuwechseln, damit beide immer mal wieder ein paar Stunden ungestörten Schlaf bekommen.

  • sich mit dem Stillen oder Schöppeln so einzurichten, dass Sie die Nachtmahlzeiten Ihres Babys liegend und im Halbschlaf verabreichen können.

  • die Schlafumgebung so zu gestalten, dass Ihr Baby sich geborgen fühlt und Sie und Ihr Partner entspannt ruhen können. Die wenigen Stunden Schlaf, die Sie bekommen, sind nicht erholsam, wenn Sie sich  im Kinderzimmer auf einer Matratze neben das Babybettchen legen müssen, damit Ihr Kind Ihre Nähe spürt. 

Bewegung

Körperliche Aktivität vertreibt die Müdigkeit. Schon in der Wochenbettzeit können Sie regelmässig mit dem Baby an die frische Luft gehen, um Energie zu tanken. Später hilft ein Rückbildungskurs, das Gefühl für den eigenen Körper zurückzugewinnen und zugleich Kontakte zu anderen Müttern zu knüpfen. Schliesslich kommt irgendwann die Zeit, in der Sie Ihr Baby für ein paar Stunden einem Babysitter anvertrauen können, um schwimmen zu gehen, einen Tanzkurs zu besuchen oder die Yogastunden wieder aufzunehmen. 

Wohltuende Aktivitäten

Das Gefühl, nur noch für das Baby da zu sein und keinen Freiraum für eigene Interessen zu haben, kann die Erschöpfung verschlimmern. Deshalb ist es wichtig, nach und nach wieder kleine Aktivitäten in den Alltag einzubauen, die Ihnen guttun. Zu Beginn ist dies vielleicht nur eine Tasse Tee, die Sie ganz bewusst und ohne Ablenkung durch das Handy geniessen. Aktivitäten, die Ihnen Energie geben, sind insbesondere auch nach dem Wiedereinstieg in den Beruf wichtig. Eltern sind oftmals so sehr mit Kinderbetreuung, Haushalt und Job ausgelastet, dass die persönliche Freizeit und die Partnerschaft auf der Strecke bleiben.  

Hilfe in Anspruch nehmen


Die zahlreichen Herausforderungen mit einem Neugeborenen lassen sich besser meistern, wenn Sie nicht alles alleine schultern müssen. Nehmen Sie deshalb schon vor der Geburt Kontakt mit einer Wochenbetthebamme auf. Sie kümmert sich nicht nur um die Gesundheit von Mutter und Kind, sondern berät auch in Stillfragen und ist eine kompetente Ansprechperson wenn's um Babypflege und Familienalltag geht. Die Stillberatung sowie die Mütter- und Väterberatung stehen Ihnen ebenfalls in vielen Fragen mit Rat zur Seite. 

Wenn Sie erschöpft und ausgelaugt sind, brauchen Sie jedoch auch ganz praktische Unterstützung. Besprechen Sie mit Ihrem Partner, ob er mehr im Haushalt übernehmen kann, bitten Sie Verwandte und Freunde um Hilfe oder engagieren Sie eine Haushalthilfe. Falls in Ihrem Umfeld niemand einspringen kann, organisiert das Rote Kreuz Kinderbetreuung und Unterstützung in Notsituationen. Auch die Landfrauen bieten in der ganzen Schweiz Familienhilfe und Haushaltsservices an. Falls Sie keine Zusatzversicherung haben, die sich an den Kosten für eine Haushalthilfe beteiligt, ist es sinnvoll, sich zur Geburt einen Zustupf an die Haushaltskasse zu wünschen. 

Erschöpfung oder postpartale Depression?


Eine ausgeprägte Erschöpfung kann sich ähnlich anfühlen wie eine postpartale Depression. Es gibt allerdings auch Unterschiede: In einer Phase der Erschöpfung empfinden Sie trotz aller Müdigkeit weiterhin Lebensfreude und Liebe zu Ihrem Baby. Eine Depression hingegen ist geprägt durch Teilnahmslosigkeit sowie fehlende Gefühle gegenüber dem Kind. Und währenddem eine Depression oft schleichend und von der betroffenen Person lange unbemerkt entsteht, ist eine Erschöpfung meist deutlich spürbar. 

Erschöpfung kann jedoch auch eines der zahlreichen Symptome einer postpartalen Depression sein. Damit eine solche möglichst früh erkannt und behandelt werden kann, ist es hilfreich, regelmässig einen Fragebogen zur Selbsteinschätzung auszufüllen und bei Bedarf rasch Hilfe in Anspruch zu nehmen. 

Letzte Aktualisierung: 30.01.2025, TV