Er "hilft" im Haushalt - sie verdient ein "Taschengeld"
"Kann ich dir helfen?", fragt mein Mann jeweils, wenn ich im Haushalt alle Hände voll zu tun habe und allmählich die Nerven zu verlieren drohe. Nett von ihm, nicht wahr?
Nun, offen gestanden treibt er mich ziemlich auf die Palme mit dieser Nettigkeit. Warum? Weil mich das Wörtlein "helfen" stört. Er ist doch kein Handlanger, der auf die Anweisungen der Chefin warten muss, sondern mein gleichberechtigter Partner, der gemeinsam mit mir seit vielen Jahren diese Grossfamilie über Wasser hält. Ein Mann, der zum Staubsauger greift, wenn es nötig ist, der Mittagessen kocht, wenn ich arbeite, der für die Lehrerinnen unserer Kinder zum Ende des Schuljahres hübsche Geschenke macht und der schon mehrmals bewiesen hat, dass die Dinge nicht aus dem Ruder laufen, wenn ich mal ein paar Tage weg bin.
Wenn nun also dieses Prachtexemplar von einem modernen Mann mir seine Hilfe im Haushalt anbietet, reagiere ich ziemlich gereizt. Ich bin doch keine von diesen Müttern, die glauben, nur sie wüssten, was für Kind und Haushalt gut genug ist. Keine dieser perfekten Hausfrauen, die andauernd kritisieren, wenn der Herr Gemahl zum Kochlöffel oder zum Putzlappen greift. Keine, die glaubt, nur bei ihr seien die Kinder richtig gut aufgehoben.
Nein, so bin ich bestimmt nicht!
Oder vielleicht doch...
Habe ich nicht neulich wieder einmal geseufzt: "Du lernst es wohl nie...", weil er beim Aufsetzen der Suppe zum wiederholten Male vergass, das Gemüse vor dem Beigeben der Flüssigkeit anzudünsten? Mahne ich ihn nicht jedes Mal, wenn er den Wocheneinkauf erledigt, er solle mir dann nicht wieder den Kühlschrank mit Billigprodukten vollstopfen? Und ertappe ich mich nicht gelegentlich dabei, wie ich von "meinen" Kindern rede, obschon mir voll und ganz bewusst ist, dass ich die Knöpfe weder alleine gezeugt habe noch alleine grossziehe? Wenn ich mir so zuhöre, muss ich leider feststellen, dass mir da noch einiges in den Knochen steckt, was so gar nicht meinen Idealen entspricht.
Wenn man mal anfängt, etwas genauer hinzuhören, stellt man plötzlich fest, dass es bei anderen ganz ähnlich tönt. Wo man auch hingeht, trifft man auf Paare, bei denen er sich brüstet, er helfe ja so furchtbar viel im Haushalt - und sie seufzt wenig später hinter vorgehaltener Hand, diese Hilfe entspreche so ganz und gar nicht dem hohen Standard, den sie für angemessen hält. Und dann müsse sie ihn auch noch um jede Handreichung bitten. Dass es mit echter Gleichstellung nichts werden kann, solange sie sich als allwissende Haushaltsgöttin gibt und er in die Rolle des Gehilfen schlüpft, der jedes Mal, wenn er einen Finger krumm macht, ein dickes Lob und ein Zückerchen erwartet, scheint kaum jemandem aufzufallen.
Ein anderes Beispiel, das in die gleiche Richtung geht: Wie nennen nochmal viele Paare den Wochentag, an dem Papa mit den Kindern zu Hause bleibt? Ach ja, genau, "Papitag". Klingt herzig, nicht wahr? So nach ausgedehnten Kuschelrunden am Morgen, Pancakes mit Smiley-Gesicht zum Zmittag und Ausflügen in den Zoo. Mehr scheint man von den Vätern nicht zu erwarten. Oder etwa doch? Dann wäre es vielleicht an der Zeit, einen weniger niedlichen Begriff zu finden für die Tage, an denen Papa zu Hause den Laden schmeisst.
Tja, und dann gäbe es noch die leidige Sache mit dem Anteil, den wir berufstätigen Frauen zum Familieneinkommen beisteuern. In so mancher Familie wird dieser abschätzig als "Taschengeld" bezeichnet - und damit für verzichtbar erklärt. Und auch in Familien, in denen der mütterliche Verdienst für unverzichtbar angesehen wird, hört man zuweilen Sätze wie "Ich bezahle mit meinem Lohn die Kita und er kümmert sich um den Rest." Oder: "Das Geld meiner Frau brauchen wir nur, damit wir uns bessere Ferien leisten können. Eigentlich müsste sie ja gar nicht arbeiten."
Auch mein Mann und ich tappen nach all den Jahren, in denen wir uns nun schon um eine faire Arbeitsteilung bemühen, zuweilen in diese Falle. So bemerkte er neulich mit sorgenvoller Miene, es sei wohl ein furchtbarer Fehler gewesen, sein Arbeitspensum zu reduzieren. Mit seinem Wunsch nach mehr Familienzeit treibe er uns alle noch in den Ruin. Gerade so, als hätte ich nicht in der Zwischenzeit mein Pensum aufgestockt und damit meinen finanziellen Beitrag zum Familienbudget gesteigert. Dies musste ich mir erst einmal selber klar machen, ehe ich es ihm - ziemlich beleidigt - unter die Nase reiben konnte.
Man könnte jetzt natürlich einwenden, ich solle nicht jedes Wörtchen auf die Goldwaage legen. Entscheidend sei doch, Gleichstellung zu leben und nicht, sich den Kopf zu zerbrechen, wie man richtig darüber redet. Das ist natürlich nicht ganz falsch. Und doch dünkt mich, unsere Sprache drücke aus, dass wir noch längst nicht so frei von Rollenklischees sind, wie viele von uns es gerne wären.