Das erste Handy

Wann ist ein Kind gross genug für ein eigenes Handy und wie lernt es, damit gut umzugehen?

Kind mit Smartphone sitzt auf dem Bett
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Ein eigenes Handy bringt einiges an Verantwortung mit sich. Deshalb brauchen Kinder Eltern, die sich auskennen, sie beim Entdecken der digitalen Medien begleiten und ihnen helfen, wenn sie überfordert sind.

Worauf achten bei Vorschul- und Kindergartenkindern?


Ob digitale Medien für Kinder schädlich sind oder ob die Kleinen den Anschluss verpassen, wenn sie zu lange davon ferngehalten werden, wird in Expertenkreisen kontrovers diskutiert. In einer Frage jedoch sind sich fast alle einig: Je jünger ein Kind ist, desto weniger sollte es digitale Medien nutzen. Denn für die Gehirnentwicklung sind möglichst vielfältige Erfahrungen wichtig und die kann es am Bildschirm nicht machen.

Zwar kann auch ein Vorschul- oder Kindergartenkind mal ein altersgerechtes Spiel am Tablet oder Handy der Eltern spielen. Und die tägliche Folge der Lieblingskinderserie liegt durchaus drin. In erster Linie sollte ein Kind jedoch im Sand buddeln, mit Knete modellieren, Velo fahren, Perlen auffädeln, Bücher anschauen, zeichnen, Rollenspiele spielen etc., um sich optimal zu entwickeln. 

Für Kinder unter zwei Jahren empfiehlt die Initiative "SCHAU HIN! Was dein Kind mit Medien macht" so wenig Bildschirmzeit wie möglich. Im Alter von drei bis sechs Jahren lautet die Faustregel: bis zu 30 Minuten täglich am Stück. Im Alter von sieben bis neun Jahren dürfen es bis zu 60 Minuten am Stück sein. Die Bildschirmzeit umfasst dabei alle digitalen Geräte wie Fernsehen, Tablet, Handy und Computer. 

Ab wann braucht ein Kind ein eigenes Handy?


Bei der Frage, wann ein Kind ein eigenes Handy bekommen soll, scheiden sich die Geister. Während die einen dafür plädieren, Kinder seien sicherer unterwegs, wenn sie ein Handy hätten, finden andere, die Kindheit solle handyfrei sein, weshalb ein eigenes Gerät erst ab 14 nötig sei. Expertinnen raten dazu, dem Kind frühestens ab dem neunten Geburtstag ein eigenes Handy zur Verfügung zu stellen und frühestens ab elf bis zwölf Jahren auf ein Smartphone mit Internetzugang zu wechseln. 

Diese Empfehlungen sind jedoch nicht in Stein gemeisselt. So kann es zum Beispiel nötig sein, dass ein jüngeres Kind, das mehrmals wöchentlich selbständig mit dem Bus zum Sporttraining fährt, stets erreichbar ist. Allerdings braucht es dazu nicht unbedingt ein Smartphone. Ein einfaches Prepaid-Handy, mit dem es telefonieren sowie Nachrichten schreiben und empfangen kann, erfüllt den Zweck ebenfalls. 

Die persönliche Reife des Kindes sollte ebenfalls berücksichtigt werden. Es sollte verstehen, was es darf und was nicht, wie es sich schützen kann und dass es Hilfe holen soll, wenn es ein Problem hat, bevor es ein eigenes Smartphone bekommt. 

Dem Kind ein eigenes Handy zu geben, weil es sagt, es sei das einzige in der Klasse, das noch keins hat, sollte nicht der Beweggrund sein, ihm ein Gerät zu kaufen. Sie kennen Ihr Kind am besten und Sie wissen auch, aus welchem Grund Sie sich dafür entschieden haben, noch zuzuwarten. Erklären Sie ihm, warum Sie an diesem Entscheid festhalten möchten und vereinbaren Sie mit ihm, wann es sein eigenes Smartphone bekommen soll, z. B. beim Übertritt an die Oberstufe oder auf das neue Schuljahr.

Wie lange darf das Kind am Handy sein?


Die Initiative "SCHAU HIN! Was dein Kind mit Medien macht" rät, dass Kinder im Alter von sieben bis acht Jahren nicht länger als 30 Minuten am Stück am Gerät ihrer Eltern oder Geschwister sein sollten. Bei Neun- bis Zehnjährigen sollten es nicht mehr als 45 Minuten am Stück sein. Wenn das Kind am gleichen Tag auch noch andere digitale Medien konsumiert, sollte die Zeit entsprechend angepasst werden. 

Je grösser das Kind wird, umso mehr werden Sie aushandeln müssen, wie viel Zeit am Gerät angemessen ist. Dabei sind Zeitlimits alleine nicht mehr ausreichend. Denn es macht natürlich einen Unterschied, ob das Kind das Gerät verwendet, um ein Hörbuch zu hören, ob es Fakten für einen Vortrag recherchiert oder ob es stundenlang durch Social Media scrollt. 

Regeln - auch für Erwachsene


Neben Zeitlimits sind allgemeine Vereinbarungen wichtig, an die sich auch die Erwachsenen halten sollten. Sie könnten zum Beispiel die folgenden Regeln festlegen:

  • Bei gemeinsamen Mahlzeiten wird das Handy nicht benützt.

  • Das Handy kommt über Nacht nicht mit ins Schlafzimmer oder wird zumindest auf Flugmodus gestellt, damit die Nachtruhe nicht durch Nachrichten gestört wird. Zum Wecken am Morgen reicht ein konventioneller Wecker.

  • Spätestens eine Stunde vor Schlafenszeit werden die Geräte weggelegt, damit die Schlafqualität nicht beeinträchtigt wird. 

  • Bei gemeinsamen Unternehmungen werden die Geräte stummgeschaltet. 

  • Während der Hausaufgaben oder der Arbeit wird im Messenger-Status angezeigt, dass man beschäftigt ist und das Handy wird stummgeschaltet, damit ungestörtes Arbeiten möglich ist. 

Vielen Familien hilft es, solche Vereinbarungen schriftlich in einem Vertrag festzuhalten. Solche Verträge gibt es im Internet zum Ausfüllen und Ausdrucken. Natürlich muss der Vertrag mit zunehmendem Alter der Kinder ab und zu angepasst werden. 

Wie hilfreich sind technische Einschränkungen?


Jugendschutzeinstellungen sind ein hilfreiches Mittel, zum Beispiel, um Kinder vor ungeeigneten Inhalten zu schützen, um In-App-Käufe zu verhindern oder um die Bildschirmzeit zu beschränken. Allerdings sind Kinder oft sehr gewieft darin, den von den Eltern gesetzten Code herauszufinden, sodass Sie sich nicht einzig auf solche Einstellungen verlassen sollten. 

Soll sich das Kind an den Kosten beteiligen?


Handykosten sind für viele Familien ein grosser Budgetposten und es ist sinnvoll, wenn das Kind einen Teil davon mitträgt. Beteiligt es sich an den Anschaffungskosten, geht es sorgsamer um mit dem Gerät. Und vielleicht beharrt es dann auch nicht mehr darauf, dass es unbedingt das neueste Modell haben will. Muss es obendrein einen Teil der laufenden Kosten mittragen, überlegt es sich eher, wofür es sein Geld ausgibt. 

Um ausufernde Kosten zu vermeiden, ist es hilfreich, das Handy mit einer Prepaid-Karte auszurüsten. So lässt sich verhindern, dass Ihr Kind mehr Geld ausgibt, als es möchte. Ist das Guthaben aufgebraucht, kann es auch keine Käufe mehr tätigen. 

Worüber Eltern mit ihrem Kind reden sollten


Kinder finden sich spielend leicht auf dem Smartphone zurecht. Da geht gerne vergessen, dass sie trotzdem viel Begleitung brauchen im Umgang mit dem Gerät. Denn die Welt, die sich ihnen damit erschliesst, ist riesig und leider auch nicht frei von Risiken. 

Genau wie sonst im Alltag können und müssen Sie nicht jeden Schritt Ihres Kindes kontrollieren. Sie sollten jedoch Interesse zeigen an dem, was es in der digitalen Welt erlebt. Machen Sie sich ein Bild von den Spielen, die es spielt und von den Kanälen, auf denen es sich informiert und mit Gleichaltrigen austauscht. Erkunden Sie gemeinsam Apps, die zur Kreativität anregen oder die es beim Lernen unterstützen. Reden Sie mit ihm über die Inhalte, die es sich ansieht und über Herausforderungen, denen es begegnet.  

Bevor Sie Ihrem Kind ein Smartphone überlassen, sollten Sie zudem darauf achten, dass es über die folgenden Punkte Bescheid weiss:

  • Private Informationen wie Name, Alter, Wohnort etc. sollten niemals an Unbekannte weitergegeben werden. Ihr Kind sollte zudem keine Bilder veröffentlichen, die zu viel Aufschluss über Privates oder gar Intimes geben. Selbstverständlich sollte Ihr Kind sich auch nie unbeaufsichtigt und ohne Wissen der Eltern mit jemandem treffen, den es im Internet "kennengelernt" hat. 

  • Ihr Kind sollte verstehen, warum Jugendschutzeinstellungen und Altersempfehlungen bei Spielen, Filmen und Social Media wichtig sind und warum Sie möchten, dass diese berücksichtigt werden

  • Kinder sollten informiert werden über Cybermobbing und dass es z. B. mithilfe von künstlicher Intelligenz möglich ist, täuschend echte Bilder und Videos von Personen zu verbreiten. Einerseits muss Ihr Kind wissen, dass es sich jederzeit an Sie oder an eine Lehrperson wenden sollte, wenn es von Mobbing betroffen ist. Andererseits sollten Sie es dafür sensibilisieren, dass es sich nicht beteiligen darf, wenn andere zum Opfer auserkoren werden

  • Kinder müssen wissen, dass Inhalte aus dem Internet nicht mehr einfach verschwinden, wenn sie erst einmal veröffentlicht sind. Sie sollten deshalb von Anfang an lernen, sich gut zu überlegen, was sie von sich preisgeben wollen. Zudem muss ihnen bewusst sein, dass sie Bilder von anderen nicht ohne deren Einverständnis posten sollten. 

  • Zeigen Sie Ihrem Kind, wie es Werbung und Lockangebote erkennt, denn solche Dinge sind nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. So mach ein "Gratisangebot" entpuppt sich als kostenpflichtiges Abo, wenn es nicht rechtzeitig gekündigt wird. Und auch die Belohnungen in Games sind nicht immer so kostenlos, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. 

  • Teenager müssen wissen, dass es strafbar ist, jemandem unerwünschte Nacktbilder zukommen zu lassen. Das Erzwingen solcher Bilder, die Erpressung damit (Sextortion) und das Weiterleiten an andere können ebenfalls strafrechtlich verfolgt werden. 

Auch am Handy sind Eltern Vorbilder


Wie in allen anderen Lebensbereichen sind Sie als Eltern auch im Zusammenhang mit dem Smartphone ein wichtiges Vorbild. Wenn Sie jede Nachricht, die reinkommt, sofort checken und beantworten, ist es nicht verwunderlich, dass Ihr Kind denkt, es müsse für seine Freunde dauernd erreichbar sein. Dokumentieren Sie jeden Familienausflug mit unzähligen Familienbildern auf Social Media, versteht es nicht, warum es seine eigene Privatsphäre schützen soll. 

Der Moment, in dem Ihr Kind sein erstes Smartphone bekommt, bietet Ihnen eine gute Gelegenheit, Ihren eigenen Umgang mit dem Handy zu überdenken und ein paar schlechte Gewohnheiten abzulegen. 

Braucht ein Kind eine Smartwatch?


Smartwatches für Kinder sind beliebt, denn oft haben Primarschulen keine Regelungen dazu, während erwartet wird, dass das Handy zu Hause bleibt. Die Uhren vermitteln den Eltern die Sicherheit, stets zu wissen, wo das Kind ist. Ausserdem kann es sich jederzeit melden, wenn etwas vorgefallen ist. Dies mag zwar praktisch sein, wird aus pädagogischer Sicht jedoch kritisch gesehen, insbesondere, wenn das Kind die Uhr dauerhaft trägt und nicht nur in bestimmten Situationen nutzt.

Zum einen werden Kinder nicht darin bestärkt, Probleme selbständig zu lösen oder sich an eine erwachsene Bezugsperson zu wenden, wenn es z. B. zum Streit kommt auf dem Pausenplatz. Es ist viel einfacher, über die Uhr die Mama oder den Papa anzurufen. Durch die dauernde "Anwesenheit" der Eltern am Handgelenk wird die Entwicklung zur Selbstständigkeit nicht gefördert

Zum anderen kann es sein, dass das Kind davon ausgeht, dass die Eltern ja ohnehin wissen, wo es ist. Da muss es beispielsweise nach dem Kindergarten oder der Schule nicht direkt nach Hause gehen. Es nimmt dann vielleicht Risiken in Kauf, die es nicht eingehen würde, wenn es wüsste, dass es ganz auf sich selbst gestellt ist. 

Auch die Überwachung durch die Eltern sehen Experten kritisch, denn Kinder haben ein Anrecht auf Privatsphäre. Besonders problematisch ist dies, wenn eine Uhr eine Funktion hat, mit der Gespräche mitgehört werden können. Ein weiterer Punkt, der aus Expertinnensicht zu beachten ist: Die Geräte sammeln Daten, die je nach Modell nicht ausreichend gesichert sind oder zu Werbezwecken an Dritte weitergegeben werden.

Letzte Aktualisierung: 06.02.2025, TV