Kinderbilder: Warum Fotos von Kindern nicht ins Netz gehören
#SharingIsNotCaring
Text wurde zur Verfügung gestellt von Kinderschutz Schweiz
So niedlich oder lustig Kinderfotos auch sind: Das Posten der Bilder kann gefährlich sein. Einmal veröffentlicht, verliert man leicht die Kontrolle darüber.
Nicht mit Fremden mitgehen, keine Süssigkeiten annehmen oder mit Vorsicht die Strasse überqueren: Eltern wollen ihre Kinder vor Gefahren beschützen. Was jedoch im realen Alltag «normal» ist, verhält sich im digitalen Raum oft anders. Gerade beim Teilen von Bildern auf den sozialen Medien, dem sogenannten «Sharenting».
Bereits vor über 10 Jahren hatten 81% der Kinder aus zehn Industrieländern noch vor ihrem zweiten Geburtstag einen digitalen Fussabdruck.
Die Babys von damals sind heute Jugendliche, zwischen zehn und zwölf Jahre alt. Von ihnen befinden sich vermutlich heute noch Babybilder im Internet. Es sind Bilder, zu deren Veröffentlichung sie keine Einwilligung gegeben haben und die sich auch nicht mehr einfach so löschen lassen.
Das Teilen von Bildern auf verschiedenen Kanälen durch Eltern, Grosseltern und anderen Bezugspersonen geschah und geschieht grundsätzlich in bester Absicht. Aber es birgt Gefahren, derer sich viele Mütter und Väter beim schnellen Klicken und Posten nicht
Warum gehören Kinderfotos nicht ins Netz?
Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre.
Artikel 16 der UN-Kinderrechtskonvention hält fest: Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre. Die Grundrechte gewährleisten zudem das Recht am eigenen Bild und das Recht auf Selbstbestimmung. Das bedeutet: Ohne Einwilligung dürfen die Eltern nichts posten. Dabei müssen Eltern auch überlegen, ob das Kind über die nötige Medienkompetenz verfügt und ob es sich die Dimension des Internets überhaupt vorstellen kann. Wie viele Erwachsene auch, kann das Kind es sich nicht vorstellen, wie viele Menschen die Möglichkeit haben, ihr Bild anzuschauen: Es sind gegen 5 Milliarden Internetnutzer:innen (Quelle).
Als Baby kann man jedoch schlecht dazu einwilligen. Eltern müssen sich bewusst sein, dass das Selbstbestimmungsrecht rückwirkend eingefordert werden kann.
Die Kinderfotos gelangen in falsche Hände.
Es gibt Personen im Netz, die gezielt nach (u.a. auch harmlosen) Kinderbildern suchen und diese für sexualisierte Kontexte missbrauchen. Diese werden dann unter Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern verbreitet. Schnell kann es passieren, dass der Spielplatzschnappschuss auf Facebook als kinderpornografisches Material dient. Das Bild kann hundert- wenn nicht sogar tausendfach weitergeleitet werden und kursiert ewig im Internet
Die Fotos können für Mobbing missbraucht werden.
Besonders problematisch sind peinliche Kinderbilder, die im Netz kursieren. Aber auch harmlose Bilder lassen sich digital nachbearbeiten. Das Internet verstärkt traditionelle Risiken im Kindes- und Jugendalter wie Mobbing. Durch die fortschreitende Vernetzung von Kindern und Jugendlichen können bekannte soziale Phänomene wie Mobbing in ihren Wirkungen noch gesteigert werden (Quelle). Kinder können langfristig grossen Schaden durch Fotos im Netz nehmen. Mobbing brennt sich tief in die Seele ein und hinterlässt lebenslange Spuren.
Die Fotos können zu Cyber-Grooming führen.
Haben Kinder eigene Social-Media-Profile können sie über private Nachrichten belästigt werden. Cyber-Grooming heisst: Personen nehmen gezielt mit Kindern im Internet Kontakt auf, um eine sexualisierte Beziehung aufzubauen. Werden Bilder zusammen mit sensiblen Daten wie dem Wohnort veröffentlicht, können diese Übergriffe im schlimmsten Fall auch im realen Umfeld stattfinden. Für Kinder und Eltern ist es nicht leicht, sofort zu erkennen, wer am anderen Ende der «Leitung» sitzt.
So schützen Sie ihr Kind – Checkliste
Eines der vier Grundprinzipien der UNO-Kinderrechtskonvention ist das Recht auf Wahrung des Kindeswohls. Das bedeutet, dass wann immer Entscheidungen getroffen werden, die sich auf das Kind auswirken können, das Wohl des Kindes Vorrang hat. Dies gilt in der Familie genauso wie für staatliches Handeln. Das Posten eines Bildes kann sich negativ auf das Kindeswohl auswirken.
Zum Schutz der Kinder sollten sich Eltern vor jedem Teilen von Kinderbildern in den sozialen Medien folgende Fragen stellen:
Besitze ich das Recht/Einverständnis das Bild zu verwenden?
Antwort zum Schutz für ihr Kind: Ja
Ist das Kind noch zu klein, um sein Einverständnis zu geben, liegt es in der Verantwortung der Eltern, eine für das Kindeswohl angemessene Entscheidung zu treffen.
Wird das Kind durch die Abbildung gefährdet (bspw. durch Bekannthabe der Schule oder des Sportvereins oder andere Personendaten)?
Antwort zum Schutz für ihr Kind: NeinWird das Kind auf der Abbildung blossgestellt?
Antwort zum Schutz für ihr Kind: NeinWird das Kind in einer intimen Situation (wie Weinen, Schlafen, Verrichten der Notdurfte etc.) dargestellt oder durch Nacktheit oder Pose in einer nicht-unverfänglichen Weise präsentiert?
Antwort zum Schutz für ihr Kind: NeinIst das Kind auf dem Bild erkennbar (von vorne, Gesicht)?
Antwort zum Schutz für ihr Kind: NeinWäre ich auf dem Bild, möchte ich, dass dieses so in den Sozialen Medien gezeigt wird?
Antwort zum Schutz für ihr Kind: Nein
Wenn all diese Fragen, mit der Ausnahme der ersten Frage, mit einem klaren Nein beantwortet werden können und wer immer noch nicht darauf verzichten möchte, Kinderbilder im Netz zu posten, muss sich nun noch eine wichtige Frage stellen:
Was bringt es dem Kind, wenn ich dieses Bild auf den sozialen Medien teile? Bringt es dem Kind etwas oder stille ich dabei einzig meine eigenen Bedürfnisse?
Privacy Playgrounds
Weil Kinder auf dem Spielplatz besonders oft fotografiert werden, hat Kinderschutz Schweiz ein Pilotprojekt gestartet: Auf Spielplätzen sind Sticker angebracht, die einen QR-Code enthalten, der eine Pushnachricht aktiviert, sobald ein Foto gemacht wird. Die Nachricht warnt vor «Sharenting». Die Fotografierenden werden auf privacy-playground.ch weitergeleitet und dort zu den Gefahren und Schutzmöglichkeiten rund ums Thema Kinderfotos im Netz sensibilisiert. Denn bei Kinderfotos gilt: #SharingIsNotCaring.
Der Schutz der Kinder geht uns alle an
Kein Kind kann sich allein gegen Gewalt schützen. Sei es im realen Leben oder im digitalen Raum. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe hinzusehen und aufmerksam zu bleiben.