Vorsicht mit Fencheltee bei Stillenden, Schwangeren und Kindern unter vier Jahren
Zu hohe Estragolwerte im Fencheltee könnten zu Leberkrebs führen, darum sollten Risikopersonen auf die Einnahme bis auf weiteres verzichten.
Traditionell wird Fenchel-Tee bei Babys, Kleinkindern, Schwangeren und Stillenden zur Behandlung von Bauchschmerzen, Blähungen und Husten verwendet. Diese Wirkung wird dem im ätherischen Öl enthaltenen Estragol zugeschrieben. Estragol ist nicht nur im Fenchel, sondern auch im Estragon, im Kerbel und im Basilikum enthalten und dient somit in vielen Lebensmitteln und Parfüms als Duft- und Aromastoff. Der Süss- und Bitterfenchel wird als Inhaltsstoff hauptsächlich als Arzneimittel in Form von Tees eingenommen.
Warum wird von Fencheltee abgeraten?
Eine aktuelle Bewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zeigt auf, dass vor allem sehr hohe Dosen von Estragol lebertoxisch sind und in Tierversuchen Leberkrebs verursachen können. Daher lautet die Empfehlung, bis die Daten beim Menschen genügend belegt sind: "Stillenden Müttern und Schwangeren wird abgeraten, fenchelhaltige Produkte zu konsumieren. Bei Kindern ab vier bis elf Jahren sollte Fencheltee nur selten oder sehr zurückhaltend und mit grossen Abständen dazwischen verabreicht werden."
Häufig sind auch Babynahrung und Babybrei mit Fencheltee versetzt. Darum wird empfohlen, estragolhaltige Produkte so wenig wie möglich anzuwenden und die Gabe auf ein kurzes Zeitintervall zu beschränken.
Bei der Anwendung von Tees ist eine genaue Dosierung des Wirkstoffes nicht möglich: Wassertemperatur, Wassermenge und die Dauer des Ziehenlassens haben einen Einfluss auf die Menge der Inhaltsstoffe, die herausgelöst und somit eingenommen werden.
Warnung von swissmedic, den Schweizer Hebammen und Kinderärzten
Der Schweizerische Hebammenverband, die Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrie und die swissmedic empfehlen ebenfalls, auf den Fencheltee vorläufig zu verzichten. Die Schweizerische Gesellschaft für Phytotherapie arbeitet an weiteren Studien. Die oben erwähnte Studie wurde mit reinem, hoch dosierten Estragol durchgeführt, sekundäre Pflanzenstoffe fehlten und die Schlüsse wurde auf den Tee heruntergebrochen. Um genaue Daten zu erhalten, müssen Studien mit Fencheltee selbst und Untersuchungen beim Menschen durchgeführt werden.
Auch die Anwendung von ätherischem Öl in Babymassage-Öl oder als Geschmacksstoff in Arzneimitteln muss genauer untersucht werden.
Fencheltee als Heilmittel
Für Fenchel als Arzneimittel ist die schweizerische Heilmittelbehörde «swissmedic» zuständig. Sie prüft zum jetzigen Zeitpunkt acht Produkte und empfiehlt, im Moment auf Fencheltee zu verzichten.
Fencheltee im Detailhandel
Der Fencheltee, der als Lebensmittel bei den Grossverteilern erhältlich ist, steht unter der Zuständigkeit des Bundesamtes für Veterinärwesen und Lebensmittelsicherheit (BLV). Dieses wartet ab, was die europäischen Lebensmittelbehörden weiter beschliessen werden. Die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge beim Menschen ist für die Substanz heute nicht bekannt.
Alternativen zum Fencheltee
Die Schweizerischern Kinderärzte empfehlen als Alternative Kamillen- und Hagebuttentee. Dies auch für Schwangere, Stillende und Kinder unter vier Jahren.
Die schweizerischen Hebammen empfehlen Teemischungen ohne Fenchel für Schwangere und Stillende.
Fenchel als Lebensmittel
Zusammenfassend sollte aufgrund der allgemein anerkannten Hinweise auf genotoxische Karzinogenität die Einnahme von Estragol vermieden werden. Dabei kann die Aufnahme geringer Mengen Estragols über die Nahrung (Fenchel als Gemüse) vernachlässigt werden. Schwangere sollten Kräuter wie Basilikum nicht täglich und nicht in grossen Mengen zu sich nehmen.
Fazit: Estragol ist nicht gleichbedeutend mit Fencheltee
Fencheltee aus Früchten von Süssfenchelteefrüchten (Foeniculum vulgare var. dulce) enthält 4-mal weniger Estragol als Bitterfenchelfrüchte und kann in therapeutischen Dosen (0.5 g Fenchelfrüchte pro Tag) d.h. teelöffelweise bei gesunden Erwachsenen angewendet werden, jedoch nicht zusammen mit dem Schmerzmittel Paracetamol.
Fenchelöl sollte alleine schon wegen des Keton- und Phenolgehaltes nicht bei fragilen Personen verwendet werden.
Stillende, Schwangere und Kleinkinder bis 4 Jahre verzichten bis auf weiteres auf Fencheltee.
Da Fencheltee seit Jahrzehnten in der Naturheilkunde angewendet wurde, müsste es eine extrem hohe Zahl an Personen mit Lebertumoren und sonstigen gesundheitlichen Schäden geben. Hierzu fehlt der wissenschaftliche Nachweis. ABER: Der menschliche Organismus kann DNA-Schäden dank antioxydativer Flavonoide und anderer Stoffe reparieren. Darum ist zurzeit Vorsicht angesagt.